19'200 Mal haben Schweizer Betriebe in den letzten fünf Jahren laut Seco gegen die Lohnschutz-Bestimmungen verstossen. Täglich werden zehn Firmen sanktioniert.

Dies geht aus einer Liste des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), hervor, über welche die «NZZ am Sonntag» berichtete und die auch Keystone-SDA vorliegt. Durchschnittlich haben die kantonalen Behörden demnach jeden Tag zehn Betriebe sanktioniert, die sich nicht an die Vorgaben des Entsendegesetzes hielten.

ABB, Lidl, Nokia, Bombardier, Bosch

Die sanktionierten Betriebe stammen aus mehr als 30 Ländern. Deutschland (36,8% der Verstösse) und Italien (30,7%) sind die grössten Sünder. Auf Platz drei folgt die Schweiz mit insgesamt 1100 Verstössen (6%) in den letzten fünf Jahren. Die Spitze dieser landesinternen Liste ziert der Kanton Tessin, gefolgt von Zürich und Bern.

Nebst unzähligen kleinen Betrieben und Einzelfirmen gingen den Schweizer Behörden auch grosse Fische ins Netz: Sanktionen wegen Verstosses gegen die flankierenden Massnahmen gewärtigen mussten Konzerne wie ABB, Lidl, Nokia, Bombardier oder Bosch. Zudem finden sich auf der Liste deutsche Niederlassungen von prominenten Schweizer Firmen Swiss Post Solutions, die der Schweizerischen Post gehört.

In den letzten fünf Jahren haben Betriebe über 19'200 Mal gegen die Lohnschutz-Bestimmungen in der Schweiz verstossen. 1400 der Firmen dürfen keine Aufträge mehr ausführen. Zu den sanktionierten Unternehmen gehören auch bekannte Konzerne.

Das Tessin sei wegen seiner Nähe zu Italien sehr exponiert. Es sei wichtig und richtig, dort vermehrt Kontrollen durchzuführen, erklärte Seco-Sprecher Fabian Meienfisch auf Nachfrage von Keystone-SDA. Dies entspreche auch dem Wunsch des Kantons Tessin. Zürich und Bern seien bedeutende Wirtschaftsräume und würden aufgrund ihrer Grösse mehr kontrolliert.

Diese Befunde fallen in die Zeit, in welcher die Schweiz mit der EU die Bedingungen für einen eventuellen Rahmenvertrag auslotet. Gestritten wird vor allem über die Lohnschutzmassnahmen bei den flankierenden Massnahmen. Die EU kritisiert insbesondere die 8-Tage-Regel und verlangt von der Schweiz eine Anpassung an EU-Recht.

Die Firmen werden unterschiedlich bestraft: Sie müssen sich an den Kosten der Kontrollen beteiligen, eine Busse von bis zu 30'000 Franken bezahlen oder eine Sperre hinnehmen. Rund 1400 fehlbare Betriebe dürfen derzeit in der Schweiz keine Aufträge mehr ausführen.

Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann will in den kommenden Wochen in Gesprächen mit den Sozialpartnern die Möglichkeiten einer Anpassung ermitteln, ohne das Schutzniveau zu senken. Die Gewerkschaften pochen kategorisch auf die Einhaltung der vom Bundesrat postulierten roten Linie für die 8-Tage-Regel. Diese sei nicht verhandelbar.

Der Streit um die rote Linie

Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • In den letzten fünf Jahren haben Betriebe 19'200 Mal gegen Lohnvorschriften verstossen.
  • Das zeigt eine Liste des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco).
  • Täglich werden durchschnittlich zehn Unternehmen sanktioniert.
Frauen demonstrieren für die Lohngleichheit.
Frauen demonstrieren für die Lohngleichheit. - Keystone
Ad
Ad

Mehr zum Thema:

ABBLidlNokiaBundesratBoschBombardier