Hunde-Horror in Ramiswil SO: Hätten Behörden früher handeln müssen?
Die Tierquälerei in Ramiswil SO macht sprachlos und hinterlässt viele Fragezeichen. Nun erklärt der Kanton Solothurn, warum er nicht früher eingreifen konnte.

Das Wichtigste in Kürze
- 120 kranke Hunde in Ramiswil SO wurden eingeschläfert wegen desolater Verfassung.
- Eine bekannte Ernährungsexpertin steht unter Verdacht wegen Tierschutzverstössen.
- Schweizer Hündeler sind schockiert. Hat der Kanton zu spät reagiert?
- Der Kanton Solothurn rechtfertigt sich bei Nau.ch.
Die Tiere waren krank und unterernährt: Am Donnerstag und Freitag hat das Solothurner Veterinäramt einen Hof in Ramiswil SO geräumt. Dabei wurden rund 120 Hunde eingeschläfert, wie am Wochenende bekannt wird.
Nau.ch weiss: Es handelte es sich fast ausschliesslich um Herdenschutzhunde der Rassen Maremmano und Kangal.
Die Hunde seien in einer «desolaten Verfassung» gewesen, heisst es vom Kanton. Somit sei die Massen-Einschläferung alternativlos gewesen.
Ein Schock für die Kantonstierärztin Chantal Ritter. «Dass wir so viele Tiere noch vor Ort einschläfern mussten, ist mir noch nie passiert. Und ich hoffe, dass es auch das letzte Mal war», sagt sie.
Verfahren gegen Hofbesitzerin eingeleitet
Die 57-jährige Hofbesitzerin ist eine schweizweit bekannte Ernährungsexpertin. Gegen die Frau läuft nun ein Strafverfahren wegen des Verstosses gegen das Tierschutzgesetz.
Nach dem Bekanntwerden der Tierquälerei stellt sich die Frage: Sind die Behörden zu spät eingeschritten?
Denn: Bei «Tele M1» spricht der Bauer Daniel Bader, Nachbar des geräumten Hofs. Immer wieder seien die inzwischen eingeschläferten Hunde zu ihm gekommen.
Das sei «nicht so lustig» gewesen, erzählt er. «Sie haben einen zum Teil stundenlang angebellt. Das fand ich nicht angenehm.»
Weil kein Hund kastriert war, hätten sich diese ziemlich schnell vermehrt. Die Nachbarn hätten mehrfach versucht, die Halterin zur Rede zu stellen – ohne Erfolg.
«Es hiess immer, dass sie schaue. Dann ging es ein paar Tage und es lief wieder aus dem Ruder», sagt er.
Solothurner Veterinärdienst reagierte «unmittelbar» nach Hinweis
Bei Nau.ch rechtfertigt sich der Kanton Solothurn. Er habe umgehend reagiert.
Andrea Affolter, die Medienbeauftragte des Regierungsrates, sagt: «Der Veterinärdienst des Kantons Solothurn hatte am vergangenen Mittwoch einen anonymen Hinweis erhalten. Und unmittelbar danach, am Donnerstagmorgen, eine Kontrolle durchgeführt.»
Die letzte Kontrolle hatte zuvor im Mai stattgefunden. «Damals waren alle Auflagen des Veterinärdienstes erfüllt.»

Die Einschläferung sei alternativlos gewesen, so Affolter. «Die Hunde befanden sich in einem schlechten bis desolaten Nähr-, Pflege und Gesundheitszustand, weshalb sie nicht gerettet werden konnten.»
Sie betont: «Hätte einer der Hunde gerettet werden können, hätten wir ihn gerettet.»
In der Schweiz gibt es keine Hunde-Obergrenze
Warum darf jemand sich überhaupt über 100 Hunde anschaffen?
Affolter verweist darauf, dass es weder auf eidgenössischer Ebene noch im Kanton Solothurn gesetzliche Vorgabe betreffend der Anzahl Hunde gibt. «Klar ist jedoch, dass diese tierschutzgerecht gehalten werden müssen.»
Zum vorliegenden Fall kann sie sich aus Datenschutzgründen und aufgrund des laufenden Verfahrens nicht weiter äussern.
Oberster Hündeler: «Macht mich sehr betroffen»
Auch der oberste Hündeler Hansueli Beer, Präsident der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft, zeigt sich über den Fall in Ramiswil schockiert.
«Das macht mich natürlich sehr betroffen und traurig», sagt er zu Nau.ch. «120 eingeschläferte Hunde sind eine Dimension, die wir in der Schweiz nicht kannten und hoffentlich auch nie wieder erleben müssen.»

Wie viele Hunde sollte eine Person maximal halten, um das Tierwohl sicherzustellen?
Diese Frage lasse sich nicht abschliessend beantworten, so Beer. «Betrachten wir einen Schlittenhundehalter, der aktiven Sport betreibt und über eine geeignete Anlage verfügt. Er kann problemlos zehn oder mehr Hunde halten – das Tierwohl kann er problemlos sicherstellen.»
Nach der Ansicht von Beer sind die gesetzlichen Grundlagen für den Tierschutz in der Schweiz ausreichend. «Da braucht es keine Verschärfungen. Es muss einfach nur umgesetzt werden.»
Petition nach «Hundemassaker» eingereicht
Schockiert zeigt sich auch der Verein «Anihelp Tierhilfe». Auf Facebook greift er die Behörden hart an und spricht von einem «Hundemassaker in der Schweiz».

Der Verein zweifelt an, dass die Einschläferung von über 100 Hunden alternativlos gewesen sei.
Eine Petition, die eine Aufklärung und Konsequenzen fordert, wurde bereits über 3300-mal unterschieden.













