Die Kritik an nachhaltigen Anlagen wird immer lauter. Im Ausland führten Greenwashing-Vorwürfe bereits zu Behördeneinsätzen, wie etwa jüngst in Deutschland. Das Thema beschäftigt aber auch die Schweizer Finanzmarktaufsicht.
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Schweizer Franken. (Symbolbild) - dpa

Fast zwei Billionen Franken sind laut den neuesten Zahlen des Branchenverbands Swiss Sustainable Finance nachhaltig angelegt. Tendenz stark steigend.

Gleichzeitig mehrt sich Kritik an den Finanzprodukten. Vergangenes Jahr gab Greenpeace Schweiz in einer ausführlichen Studie nachhaltigen Anlagen ein schlechtes Zeugnis. «Grünen» Fonds sei es bislang nicht gelungen, wesentlich mehr Kapital in eine nachhaltige Wirtschaft zu lenken. Die Umweltorganisation spricht von «Greenwashing».

Im Ausland beschäftigt das Thema bereits die Behörden. In Deutschland untersuchten Ende Mai die Staatsanwaltschaft, die Finanzaufsicht und das Bundeskriminalamt die Büros der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank. Dem Vermögensverwalter wird vorgeworfen, nachhaltige Finanzprodukte als «grüner» verkauft zu haben, als diese tatsächlich sind. Ins Rollen gebracht hatte die Ermittlungen die frühere Nachhaltigkeitschefin der DWS.

Und Mitte Juni berichtete das «Wall Street Journal», die US-Börsenaufsicht untersuche ESG-Fonds der Investmentbank Goldman Sachs. Auch hier steht der Vorwurf im Raum, die Finanzprodukte seien auf dem Papier grüner als in der Realität.

Und in der Schweiz? Razzien wegen Greenwashing-Verdacht gab es bisher nicht. Die Möglichkeiten der Finanzmarktaufsicht Finma sind auch beschränkt. In der Schweiz gibt es weder auf Gesetzes- noch Verordnungsstufe ein explizites Greenwashing-Verbot. Die Finma kann aktuell nur bei Täuschungen aktiv werden.

Dennoch führt die Finanzmarktaufsicht gezielt Kontrollen bei den Anbietern mit Fokus auf Nachhaltigkeitsaspekte durch. «Teilweise sehen wir dabei, dass der Begriff Nachhaltigkeit bei Produkten einzig deshalb verwendet wird, weil im Investitionsprozess beispielsweise gewisse Anlagesektoren ausgeschlossen werden», erklärt Finma-Sprecher Tobias Lux auf Anfrage von AWP. Diese Ausschlusskriterien seien aber teilweise wenig einschränkend definiert.

Probleme beobachtet die Behörde auch bei der Namensgebung von Fondsprodukten. Etwa wenn Begriffe wie «Green» oder «Zero Carbon» in der Beschreibung auftauchen, ohne dass das Produkt eine entsprechende Anlagestrategie verfolgt. Impact-Versprechen lassen bei der Finma ebenfalls aufhorchen.

«Wir sehen, dass manche Anbieter von ihren Produkten eine nachhaltige eine Wirkung versprechen, die sie aber nicht belegen können», so Lux. Insgesamt würden die Finanzinstitute in diesem Bereich «vergleichsweise rasch» reagieren, wenn die Finma kritisch nachfrage.

Dennoch sieht die Behörde Regulierungsbedarf. Vergangenen November hat die Finma mit einer sogenannten Aufsichtsmitteilung das Thema adressiert. Sie schlägt unter anderem Vorgaben im Bereich der Produkttransparenz und der Berichterstattung vor.

Auch Georg von Schnurbein von Center for Philanthropy Studies der Universität Basel sieht Greenwashing in der Schweiz als Problem. Aufgrund grosser Nachfrage sei das Interesse der Finanzinstitute gross, nachhaltige Produkte im Angebot zu haben. «Doch echte Nachhaltigkeit kostet», mahnt er. «Erwartungen einer gleichwertigen oder gar besseren Rendite bei nachhaltigen Fonds verführen die Institute zur Verwässerung der Nachhaltigkeitskriterien.»

Um Greenwashing direkt angehen zu können, müssten die Inhalte von ESG klar definiert werden, sagt der Professor für Stiftungsmanagement. «Das betrifft dann aber nicht nur die Finanzinstitute, sondern alle börsenkotierten Firmen, die über Aktivitäten in diesen Bereichen berichten müssen.»

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