«Glarner:innen»: Jetzt gendert sogar schon das ESAF 2025
Das ESAF 2025 verspricht mit Schwingen, Jodeln und der Nationalhymne Tradition pur. Und trotzdem setzt man auf Gendersprache. Wie passt das zusammen?

Das Wichtigste in Kürze
- Dieses Wochenende findet das ESAF 2025 im Glarnerland statt.
- Auf der Website nutzt das Schwingfest Gendersprache und spricht von «Glarner:innen».
- Für diese Entscheidung gibt es Kritik.
- Ein Marketing-Experte staunt: «Hier prallen Welten aufeinander.»
Das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF 2025) steht vor der Tür. Und Traditions-Fans schlagen Woke-Alarm.
Rund 270 Schwinger kämpfen auf dem Flugplatzgelände in Mollis GL um den begehrten Königstitel. Die Arena bietet Platz für bis zu 56’500 Fans und ist damit die grösste temporäre Sportarena der Welt.
«Schwingen ist der beliebteste und urtümlichste Sport der Schweiz», schreibt das ESAF auf seiner Website. «Das grösste Schwingfest kommt in das Land der urtümlichsten Demokratie.»
ESAF 2025 spricht von Tradition – und schreibt von «Glarner:innen»
Doch trotz so viel Tradition verpasst das Organisationskomitee dem Sport-Spektakel eine Prise Modernität. Das ESAF 2025 setzt in seiner offiziellen Kommunikation nämlich auf Gendersprache.
So ist auf der Website von «Glarner:innen», «Partner:innen» oder «Gastgeber:in» die Rede.
Das sorgt für Kritik: In einem «Nebelspalter»-Podcast bezeichnet der bekannte Schweizer Publizist Markus Somm das als «ganz peinlich». Er vermutet, dass die Organisatoren vor dem Zeitgeist eingeknickt seien und man die Menschen «umerziehen» wolle.
Schwingen, Steinstossen, Jodeln und gleichzeitig Gendern – wie passt das zusammen? Nau.ch hat beim ESAF 2025 angefragt.
Zunächst flattert eine automatische Antwort rein. Auch dort wird mit den Genderdoppelpunkten nicht gegeizt. Es ist von «sehr geehrte Absender:in» und «liebe Schwingerfreund:in» die Rede.

In der eigentlichen Antwort heisst es dann, das Gendern sei «wichtig». Für eine ausführliche Stellungnahme zum Thema fehle zum aktuellen Zeitpunkt jedoch die Zeit. Die sportlichen Leistungen der nächsten Tage stünden im Vordergrund.
Wie kommt das bei den Schwingern an?
«Die Schwinger-Gemeinschaft ist ein Abbild der Bevölkerung. Es wird – wie überall – Leute haben, die damit Mühe haben.» Das sagt Reto Bleiker, Geschäftsleiter beim Eidgenössischen Schwingerverband (ESV), zu Nau.ch.
«Gendern wirkt ungewohnt und fremd»
Der ESV habe auf diese Entscheidung keinen Einfluss genommen. «Die Diskussion um Gendersprache am ESAF nehme ich zur Kenntnis», so Bleiker.
Beim Verband liege der Fokus nun auf einer erfolgreichen Durchführung des ESAF 2025 sowie dem gemeinsamen Erlebnis für alle Beteiligten.
Eine Einordnung liefert Marketing-Experte Felix Murbach bei Nau.ch: «Das ESAF ist tief in der Tradition verankert. Besucher und Fans dieses Grossanlasses verbinden es mit Heimatgefühl, Brauchtum und einer bodenständigen Sprache.»
«Dass auf der ESAF-Website gegendert wird, wirkt deshalb ungewohnt und fremd», urteilt Murbach.
Gleichzeitig sei dies auch ein «Signal für Offenheit». «Man zeigt, dass sich auch ein traditionsreicher Anlass mit der modernen Gesellschaft auseinandersetzt und alle willkommen sind.»
Marketing-Experte lobt «mutigen Brückenschlag»
Damit könne das ESAF 2025 auch ein neues Publikum erreichen, ohne das Fest selbst zu verändern. «Gerade in städtischen und jüngeren Zielgruppen werden Diversität und Inklusion geschätzt. Gleichzeitig bleibt das traditionelle und emotionale Erlebnis vor Ort – Trachten, Sägemehl, Gemeinschaft – authentisch.»
Der Experte lobt deshalb: «Dieser mutige Brückenschlag ist aus Marketingsicht nachvollziehbar.»

Die Kritik am «Glarner:innen» und Co. sei dennoch verständlich. Denn: «Ein grosser Teil des Publikums kommt aus ländlichen Regionen, wo Gendersprache kaum verbreitet ist.»
Kurz: «Hier prallen Welten aufeinander – Tradition trifft auf Zeitgeist, und das am ESAF!», meint Murbach.
Daraus einen «Skandal» zu inszenieren, wäre überzogen. «Für mich zeigt es vielmehr, dass auch ein solcher Grossanlass mitten in gesellschaftlichen Debatten steht.»