Um einer Energieknappheit im Zuge des Ukraine-Krieges vorzubeugen, wurde in Birr AG ein Notkraftwerk errichtet. Doch die Errichtung war nicht rechtmässig.
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Das temporäre Notkraftwerk in Birr. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Herbst 2022 wurde eine Unterversorgung mit Strom und Gas befürchtet.
  • Der Bundesrat liess daher ein Notkraftwerk in Birr errichten.
  • Laut Bundesverwaltungsgericht war die Errichtung nicht gesetzeskonform.
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Im Herbst 2022 befürchtete die Schweizer Politik vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges eine Knappheit von Strom und Gas im Winter. Bis Februar 2023 sollte daher in Birr AG ein Notkraftwerk gebaut werden – so entschied der Bundesrat. Folgend wurden acht mobile Gasturbinen mit einer Gesamtleistung von 250 Megawatt aufgestellt.

Anwohner erst kurz vor Baubeginn informiert

Birrs Bewohner wurden jedoch erst wenige Tage vor Baubeginn informiert, wie die «Neue Zürcher Zeitung» berichtet. Eine Anwohnerin legte gegen die Betriebsbewilligung erst Einsprache und anschliessend Beschwerde ein.

Die Errichtung neuer Kraftwerke für «fossile Brennstoffe» sei in heutiger Zeit «absoluter Unfug», äusserte Gillian Müller damals gegenüber der Zeitung. Lärm und Luftverschmutzung träfen besonders die «schwächsten Mitglieder» der Gemeinde. Auch tadelte sie die «eklatante Missachtung der besorgten Einwohner von Birr».

Bundesrat setzte bei Notkraftwerk auf Erlaubnis durch Mangellage

Der Bundesrat stützte sich derweil auf das Landesversorgungsgesetz: Bei einer schweren Mangellage ermöglicht dieses zeitlich begrenzte wirtschaftliche Interventionsmassnahmen. Im Dezember 2022 wurde dann eine Verordnung zum Betrieb von Reservekraftwerken bei einer Mangellage durch den Bundesrat erlassen.

Es folgte die Prüfung durch das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek): Dieses erteilte eine Betriebsbewilligung bis zum 31. Mai 2023 für das Notkraftwerk. Die Beschwerde Müllers richtete sich gegen diese Bewilligung – der Fall ging vor das Bundesverwaltungsgericht.

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Die acht mobilen Gasturbinen im Notkraftwerk. - keystone

Das Gericht bestätigte zwar eine Berechtigung zur wirtschaftlichen Intervention bei einer Strom-Versorgungsgefährdung. Das Urteil notiert jedoch, dass auch dabei Regeln einzuhalten seien.

Keine Mangellage gegeben, Interessen nicht abgewogen

So habe es keine schwere Mangellage und damit auch keine gesetzlichen Voraussetzungen für das Notkraftwerk gegeben. Das Uvek konnte laut Gerichtsmitteilung nicht darlegen, warum der Bundesrat von einer starken Mangellage ausging.

Weiterhin müssten bei Intervention und Betriebsbewilligung durch die Uvek immer noch Interessen abgewogen werden. Hierbei handle es sich um die Interessen der Anwohner und die Umweltauswirkungen durch das Notkraftwerk. Das Bundesverwaltungsgericht vermerkte, dass dies nicht geschehen sei – die Betriebsbewilligung sei somit nicht gesetzeskonform.

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