Auf Social Media weibeln Influencerinnen für natürliche Verhütung und raten jungen Frauen wegen Nebenwirkungen von der Pille ab. Was stimmt – und was nicht.
Pille
Influencerinnen der Generation Z kritisieren die Pille auf Tiktok scharf. - Tiktok

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Pille mache dick, hässlich und psychisch krank – sagen Influencerinnen.
  • Sie raten deshalb jungen Frauen davon ab, sie einzunehmen.
  • Eine Expertin ordnet ein.
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Dutzende Influencerinnen der Generation Z rufen junge Frauen dazu auf, die Pille abzusetzen. Oder nie damit anzufangen. Die Gründe: Sie mache «dick», hässlich, depressiv – und vieles mehr.

Eine Userin erzählt: «Es hat meine Laune und Libido wirklich negativ beeinflusst.» Eine andere gibt an, sie habe sich «wie ein Roboter» gefühlt. Und wieder eine berichtet, sie habe ihr Gewicht wegen der Pille nicht mehr unter Kontrolle gehabt.

Stattdessen empfehlen die jungen Vertreterinnen der Anti-Pillen-Bewegung natürliche Verhütung. Heisst: Apps, die Frauen helfen, ihren Zyklus zu tracken und das Messen der Körpertemperatur, um die Fruchtbarkeit zu erkennen.

Expertin kritisiert Anti-Pillen-Influencerinnen

Gynäkologin Gabriele Merki ist Oberärztin an der Klinik für Reproduktions-Endokrinologie des Unispitals Zürich. Sie hält die Darstellung der Influencerinnen für einseitig. «Dass die Pille generell psychische Probleme auslöst, ist so nicht korrekt», sagt sie zu Nau.ch.

Denn: «Nur maximal zehn Prozent der Anwenderinnen berichten über psychische Probleme im Zusammenhang mit der Einnahme.» Das trifft auf alle 40 Präparate zu, die auf dem Markt sind. «Falls eines nicht vertragen wird, kann man umstellen auf eine Option mit einem anderen Gelbkörperhormon.»

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Diese Userin meint: «Wenn du jeden Tag denkst, du seist hässlich, dich selbst hasst, null Sex-Drive hast und dich wie ein Roboter fühlst und dann realisierst, dass es nur wegen der Pille war
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Diese Userin klagt, sie hätte ihr Gewicht nicht unter Kontrolle gehabt, als sie die Pille nahm. Zudem sei sie unglücklich beziehungsweise deprimiert gewessen.
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Gynäkologin Gabriele Merki hält die Darstellung der Influencerinnen für einseitig.
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Sie sagt: «Nur maximal zehn Prozent der Anwenderinnen berichten über psychische Probleme im Zusammenhang mit der Einnahme.» (Symbolbild)

Gut zu wissen: «Falls eine solche Nebenwirkung auftritt, sind die negativen Stimmungen innerhalb von zwei bis drei Tagen nach Absetzen vorbei.»

Vielen Patientinnen können die Präparate zudem helfen. Die Expertin betont: «Hormonpräparate können gezielt eingesetzt werden, um negative Stimmungen und zyklische depressive Verstimmungen erfolgreich zu therapieren.» Das geschieht mit den selben Hormonen, die auch in Verhütungspillen enthalten sind.

Auch das Gewicht bleibe bei den meisten Frauen stabil. Die meisten kombinierten Pillen hätten gar eine hautverschönernde Wirkung.

Natürliche Verhütungsmethoden «sind nicht sicher»

Über die natürlichen Verhütungsmethoden, die die Influencerinnen anpreisen, sagt Merki: «Diese Methoden sind deutlich unsicherer als hormonale Verhütungspräparate.» Hier komme es darauf an, wie wichtig es einer Frau ist, nicht schwanger zu werden.

Und das gute alte Kondom? «Da muss man sich einfach bewusst sein, dass die Pille zehnmal sicherer ist – auch bei perfekter Anwendung. Vorteil ist, es schützt vor sexuell übertragbaren Erkrankungen.»

Vertrauen Sie der Pille punkto Gesundheit?

Gabriele Merki will der Anti-Pillen-Bewegung ihre Existenzberechtigung aber trotz allem nicht absprechen. Sie gibt zu bedenken: «Die Frauen, die hier die Pille kritisieren, gehören sicher zu den wenigen, die von Nebenwirkungen betroffen sind.»

Und weiter: «Wichtig ist einfach, dass junge Frauen wissen, dass man diese Aussagen nicht verallgemeinern darf.» Wie die Pille sich auf eine Frau auswirke, hänge stark von der Person und dem individuellen Präparat ab.

Sie rät deshalb: «Wenn eine Pille nicht für einen funktioniert und man sicher verhüten will, kann man auch eine andere ausprobieren.» In der Schweiz sei es Standard, dass bei Neustarterinnen nach drei Monaten eine Kontrolle durchgeführt werde.

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