Die Basler Flüchtlingshelferin Anni Lanz steht am Mittwoch erneut vor Gericht. Sie muss sich vor dem Walliser Kantonsgericht in zweiter Instanz wegen der Hilfeleistung gegenüber einem nach Italien ausgeschafften Afghanen verantworten.
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Die Basler Menschenrechtsaktivistin Anni Lanz will für einen Freispruch kämpfen. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/DOMINIC STEINMANN
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die 73-jährige Basler Menschenrechtsaktivistin war im Dezember 2018 vom Bezirksgericht Brig in erster Instanz zu einer Busse von 800 Franken sowie Verfahrenskosten von insgesamt 1400 Franken verurteilt worden.

Das Gericht befand Lanz der Förderung der illegalen Einreise für schuldig.

Die frühere Generalsekretärin der Organisation Solidarité sans frontières hatte am 24. Februar 2018 versucht, einen afghanischen Asylbewerber die Schweiz zurückzubringen, der nach Italien ausgeschafft worden war. Der Mann hatte der afghanischen Armee angehört und war zu Verwandten in die Schweiz geflüchtet, wo er von der Tötung seiner Frau und seines Kindes in Afghanistan erfuhr.

Der unter einem schweren posttraumatischen Belastungssyndrom leidende Mann war in der Schweiz vier Mal in einer psychiatrischen Klinik und versuchte sich mehrmals das Leben zu nehmen. Lanz lernte ihn im Ausschaffunsgefängnis in Basel kennen.

Nachdem sein Asylantrag abgelehnt worden war, wurde er nach Italien ausgeschafft. Da er dort nie ein Asylgesuch gestellt hatte, verweigerten die italienischen Behörden laut einem Bericht der Wochenzeitung WOZ seine Aufnahme in ein Asylzentrum.

In Mailand fand er sich mitten im Winter ohne Gepäck, warme Kleidung, Papiere und Medikamente auf der Strasse. Lanz entschied sich, den Mann in die Schweiz zurückzubringen. Beim Grenzposten in Gondo VS wurden die beiden im Wagen eines weiteren Fluchthelfers angehalten. Der Flüchtling, der weder gültige Reisepapiere noch ein Visum hatte, wurde nach Italien zurückgeschafft.

Lanz wurde angezeigt und per Strafbefehl wegen der Förderung der illegalen Einreise verurteilt. Weil sie gegen den Strafbefehl Einsprache erhob, kam es zu einer Gerichtsverhandlung.

Obwohl die Baslerin in erster Instanz zu einer relativ milden Strafe verurteilt wurde, focht sie das Urteil an. Sie und ihr Verteidiger wollen einen Freispruch oder eine symbolische Busse von einem Franken erreichen. Während der Gerichtsverhandlung plädierten sie stets dafür, dass Lanz aus reinem Mitgefühl und aus achtenswerten Gründen gehandelt habe.

Sollte das zweitinstanzliche Urteil erneut zu Ungunsten der Flüchtlingshelferin ausfallen, könnte es vor Bundesgericht angefochten werden. Lanz wurde von Dutzenden von Angehörigen verschiedener Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International, zur Gerichtsverhandlung begleitet.

Auch am Mittwoch dürften zahlreiche Menschen aus Solidarität zu ihr nach Sitten kommen. Lanz ist eine jener tausend Frauen, die 2005 für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden waren.

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