Flüchtlingshelferin Anni Lanz zieht Urteil ans Bundesgericht weiter
Das Wichtigste in Kürze
- Die Basler Flüchtlingshelferin Anni Lanz legt Rekurs beim Bundesgericht ein.
- Das Walliser Kantonsgericht hat sie wegen Verstoss gegen das Ausländergesetz verurteilt.
- Die 73-Jährige wollte 2018 einen afghanischen Asylbewerber in die Schweiz zurückbringen.
Die frühere Generalsekretärin von Solidarité sans frontières sei in der ersten Septemberwoche mit einer Beschwerde an das Bundesgericht gelang. Dies sagte ein Sprecher von Amnesty International Schweiz am Mittwoch der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die Menschenrechtsorganisation unterstützt Lanz bei ihren Bemühungen um die «Entkriminalisierung der Solidarität».
Die 73-jährige Baslerin hatte am 24. Februar 2018 versucht, einen afghanischen Asylbewerber in die Schweiz zurückzubringen.
Via Domodossola in die Schweiz
Der Mann hatte der afghanischen Armee angehört und war zu Verwandten in die Schweiz geflüchtet. Dort hat er von der Tötung seiner Frau und seines Kindes in Afghanistan.
Danach verschlechterte sich sein psychischer Zustand. Lanz lernte den Afghanen im Ausschaffunsgefängnis in Basel kennen. Ärztliche Berichte hatten eindringlich empfohlen, den jungen, suizidgefährdeten Mann nicht nach Italien zurückzuschicken. E rollte in der Nähe seiner Schwester in der Schweiz bleiben.
Dennoch ordneten die Asylbehörden unter Anwendung des Dublin-Abkommens seine Wegweisung an. Da er dort nie ein Asylgesuch gestellt hatte, verweigerten die italienischen Behörden seine Aufnahme in ein Asylzentrum. Dies berichtet die «Wochenzeitung» (WOZ).
In Mailand fand er sich mitten im Winter bei Minustemperaturen ohne Gepäck, warme Kleidung, Papiere und Medikamente auf der Strasse. Als Lanz davon erfuhr, entschied sie sich, den Mann in die Schweiz zurückzubringen. Sie fand ihn am Bahnhof Domodossola unterkühlt und in desolatem Zustand vor. Deshalb sah sie laut Amnesty International Schweiz keine andere Lösung, als ihn in die Schweiz zurückzubringen.
Beim Grenzübergang in Gondo VS wurden die beiden im Auto eines weiteren Fluchthelfers von der Polizei angehalten. Der Flüchtling, der weder gültige Reisepapiere noch ein Visum hatte, wurde erneut nach Italien zurückgeschafft.
Lanz fordert Änderung des Ausländergesetzes
Im Dezember 2018 verurteilte das Bezirksgericht in Brig die Friedensnobelpreiskandidatin von 2005 mit einer Geldstrafe von 800 Franken. Im August 2019 bestätigte das Walliser Kantonsgericht das erstinstanzliche Urteil. Der Richter verneinte das Vorliegen eines Notstandes.
Für die Menschenrechtsaktivistin geht der juristische Streit über ihren persönlichen Fall hinaus. Die Flüchtlingshelferin kämpft dafür, dass die Rechtsfrage einen Präzedenzfall schafft und Artikel 116 des Ausländergesetzes geändert wird. Gegenwärtig ist es möglich, eine Person zu verurteilen, die einem Asylbewerber hilft. Dies auch wenn ihre Motive ehrenhaft sind.
Sollte das Bundesgericht den Rekurs abweisen, wäre ein Weiterzug des Falls an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht ein Strassburg möglich.