Fall Ramiswil: Wie konnte der Quäl-Hof frisch Bio-zertifiziert werden?

Der Quäl-Hof von Ramiswil sorgt weiter für Fragen: Trotz verwahrloster Tiere erhielt der Betrieb kürzlich ein Bio-Zertifikat. Die Inspektoren erklären sich.

Ramiswil
Erst kürzlich wurde dem Quäl-Hof in Ramiswil ein Bio-Zertifikat verliehen. Wie kann das sein? - Google Maps

Das Wichtigste in Kürze

  • Erst im Mai 2025 hat der Quäl-Hof von Ramiswil SO ein Bio-Zertifikat erhalten.
  • Die Zertifizierungsstelle weist ein Versäumnis zurück.
  • Bei der Kontrolle seien keine kranken oder verwahrlosten Tiere auf dem Hof gewesen.

Der Fall des sogenannten «Quäl-Hofs» in Ramiswil SO schockiert die Schweiz. Anfang November räumten die Behörden den Betrieb und fanden dabei Dutzende kranke und stark vernachlässigte Tiere.

Mehrere Pferde und Ziegen wurden beschlagnahmt, rund 120 Hunde mussten noch vor Ort eingeschläfert werden. Der Hof war den Behörden bereits zuvor bekannt.

Eine neue Information, die aufhorchen lässt: Der Betrieb erhielt per November 2025 eine frische Bio-Zertifizierung. Wie konnte das passieren?

Zertifizierungsstelle will nichts falsch gemacht haben

Zertifiziert wurde der Quäl-Hof von der Zertifizierungsstelle «bio.inspecta».

Ornella Carpinteri vom Qualitätsmanagement bei «bio.inspecta» erklärt auf Anfrage von Nau.ch, die Kontrolle sei im Mai erfolgt. «Das Zertifikat anlässlich der Hauptkontrolle 2025 wurde am 26.9.2025 erstellt.»

Ramiswil
Im Bild: Der Quälhof von Ramiswil. Es ist zugleich ein Bio-Hof. - SRF

Dass das Zertifikat auf November 2025 datiert sei, habe technische Gründe. Hat die Organisation Hof und Tierhalterin zu wenig gründlich überprüft?

Für Carpinteri ist klar: Nein. «Wir sehen kein Versäumnis unsererseits.»

«Tiere waren in gesundheitlich gutem Zustand»

Zum Zeitpunkt der Prüfung im Mai seien «keine kranken oder verwahrlosten Tiere auf dem Betrieb» gewesen, sagt sie. «Die Tiere, die wir gesehen haben, waren in einem gesundheitlich guten Zustand.»

Auch Tierschutzverstösse seien damals nicht festgestellt worden. Die Kontrolle sei – wie vorgeschrieben – angemeldet erfolgt.

pferde
Solche Zustände haben die Bio-Inspektoren in Ramiswil nicht angetroffen: Mit dieser Verletzung lieferte die Halterin ein Pferd auf einem anderen Hof ab. - zVg

Heisst: Die Tierhalterin wusste im Voraus, wann die Inspektoren von der Zertifizierungsstelle auftauchen würden. Sie hatte also die Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten.

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Einer der zahlreichen Vorwürfe gegen die Tierbesitzerin ist, dass sie Tiere versteckt haben soll. Ob das auch im Mai bei der Bio-Kontrolle geschehen ist, ist unklar. Die Halterin schweigt bislang zu allen Vorwürfen.

Carpinteri von «bio.inspecta» betont, dass bei dem Besuch auf dem Hof auch die landwirtschaftlichen Kriterien «genau kontrolliert» worden seien.

Bio-Betriebe werden mindestens einmal pro Jahr kontrolliert

Übrigens: Der Hof trägt trotz Zertifikat das Bio-Suisse-Logo, die bekannte Knospe, nicht. Das liegt laut Carpinteri aber nur daran, dass «der Betrieb keinen Produktionsvertrag mit Bio Suisse hat».

Die fehlende Knospe hat aber keine Auswirkungen auf die Gültigkeit des Zertifikats.

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Die Bio-Suisse-Knospe. Nur weil die Halterin von Ramiswil keinen Produktionsvertrag mit Bio Suisse hat, hängt an ihrem Hof kein solches Schild. - keystone

Laut der Webseite von Bio Suisse werden Produzenten und Händler von Bio-Produkten einmal jährlich vor Ort kontrolliert.

Zertifizierungsstellen, darunter auch «bio.inspecta», müssen bei mindestens zehn Prozent der Betriebe eine Zusatzkontrolle machen. Weitere zehn Prozent der Kontrollen müssen unangekündigt erfolgen.

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Auch Rückstandsproben gehören dazu: Bei rund fünf Prozent der Unternehmen werden die entnommenen Proben im Anschluss untersucht.

Bio Suisse schreibt: Nur bei schweren und vorsätzlichen Verstössen sowie Betrug bekomme der Betrieb den Status als Bio-Betrieb aberkannt.

Bleibt abzuwarten, was im Fall Ramiswil passiert.

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Kommentare

User #1364 (nicht angemeldet)

Man müsste alle Bauern mal genauer unter die Lupe nehmen und die Direktzahlungen anpassen.

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