Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz: Locher-Abschied wegen Affäre

Keystone-SDA
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Bern,

Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz arbeitet den Fall Gottfried Locher auf. Grund für seinen Rücktritt war offenbar eine Affäre mit einem Ratsmitglied.

Gottfried Locher übergriffe
Bis am 27. Mai 2020 war Gottfried Locher Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Gottfried Locher ist offenbar wegen einer Affäre mit einem Ratsmitglied zurückgetreten.
  • Das wurde an der Synode der Evangelisch-reformierten Kirche am Montag bekannt.
  • EKS-Präsident Locher hatte bereits im Mai sein Amt niedergelegt.

Hinter dem Rücktritt Gottfried Lochers, Präsident der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS), steht unter anderem eine Affäre mit Ratsmitglied Sabine Brändlin. Dies ist am Montag an der Synode in Bern bekannt geworden.

Der EKS-Rat hatte zuvor gegen Locher eine externe Untersuchung wegen Grenzverletzungen eingeleitet.

Das Geschäft war von der jetzigen Vize-Präsidentin Esther Gaillard im Frühling in den Rat gebracht worden. Dies, nachdem die Beschwerdeführerin Gaillard kontaktiert hatte. Das sagte Ratsmitglied Ulrich Knoepfel am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Gaillard zog Brändlin zur Behandlung der Angelegenheit bei.

Brändlin demissionierte Ende April aus dem Rat, Locher Ende Mai. Dies, nachdem Vorwürfe über Grenzverletzungen Lochers gegenüber einer ehemaligen Mitarbeiterin publik geworden waren.

Affäre in einem solchen Gremium geht nicht

Nun wurde am Montag öffentlich, dass Brändlin mit Locher ein Verhältnis hatte, wie Knoepfel bekannt machte. Es sei ihm nicht leicht gefallen. Doch es handle sich um ein Verhältnis, das in einem solchen Gremium wirklich nicht gehe. Das sagte Knoepfel am Dienstag gegenüber Radio SRF.

Brändlin hätte nicht an diesem Ratsgeschäft beteiligt sein dürfen, da sie eine Liaison mit Locher hatte. «Deshalb muss man sie als befangen ansehen.» Knoepfel sagte, dass der Vorfall mit der Mitarbeiterin untersucht werden soll. Zudem will die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz abklären, ob es weitere Vorkommnisse dieser Art gegeben habe.

Dennoch sei es nicht nötig, dass der Rat zurücktrete. «Wir liegen nicht am Boden», sagte Knoepfel weiter. Die verbleibenden Ratsmitglieder würden funktionieren.

Die Evangelisch-Reformierte Kirche Schweiz hatte sich am Montag in Bern zu ihrer ersten Synode getroffen. Wichtigstes Traktandum war die aktuelle Situation im Rat der EKS nach den zwei überraschenden Rücktritten.

Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz erklärt Vorgehen

Der Rat lieferte laut einer Medieninformation der Organisation von der Nacht auf Dienstag einen Überblick der Geschehnisse der vergangenen Monate. Er habe zudem sein Vorgehen und die eingesetzten Mittel erklärt. Dies im Umgang mit einer im März eingegangen Beschwerde einer ehemaligen EKS-Mitarbeiterin gegen den Präsidenten der EKS.

Dieses Ratsgeschäft sei jedoch durch die Offenlegung eines privaten Verhältnisses zwischen dem Präsidenten Locher und dem Ratsmitglied Brändlin komplexer geworden. Juristische Interventionen hätten keine Transparenz der Kommunikation zugelassen, hiess es weiter im Communiqué.

Die Geschäftsprüfungskommission legte den Synodalen ausserdem einen Untersuchungsbericht vor. Dieser beleuchtet die Arbeit des Rates und die Geschehnisse um den Präsidenten.

Die Synode nahm den Bericht der GPK laut der Mitteilung «zur Kenntnis». Die Synode setzte aber – wie bereits angekündigt – eine nichtständige Kommission ein. Diese leite die internen und externen Untersuchungen. Die Externe Untersuchung wird von einer Anwaltskanzlei durchgeführt.

Brändlins Rücktritt brachte den Stein ins Rollen

Gemäss offizieller Medienmitteilung der EKS von Ende Mai war die Handlungsfähigkeit des Präsidenten eingeschränkt. Dies «seit einigen Wochen wegen eines Geschäfts, das dem Rat am 13. April zugetragen wurde und seither intensiv behandelt wird». Der Sachverhalt sei nicht erhärtet und werde nun abgeklärt.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte der überraschende Rücktritt von Brändlin. Als Grund für ihr Ausscheiden aus der EKS nannte sie damals «unüberbrückbare Differenzen».

Vier Kantonalkirchen verlangten in der Folge am 8. Mai in einer Interpellation an die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz Transparenz und eine Klärung der Vorgänge. Weiter hiess es, das Präsidium der Synode habe festgestellt, dass «Vorkommnisse von grosser Tragweite und Komplexität zu klären sind.» Deshalb wird der Synode «vorgeschlagen, die Einsetzung einer nichtständigen Kommission zu beschliessen», was nun an der Synode beschlossen wurde.

Bericht wohl erst im kommenden Jahr

Diese nichtständige Kommission werde den Auftrag haben, alle notwendigen Untersuchungen in dieser Hinsicht durchzuführen. «Der Synode vom Juni 2021» werden in angemessener Form Bericht erstattet sowie Lösungsvorschläge unterbreitet.

Die Aussicht auf einen Bericht erst im kommenden Jahr stiess allerdings insbesondere in kirchlichen Kreisen auf breites Unverständnis.

Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz ist die Nachfolgeorganisation des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK). Seit dem 1. Januar treten die 24 reformierten Landeskirchen und die Evangelisch-Methodistische Kirche unter dem Namen Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) auf.

Locher hatte den Ratsvorsitz seit 2011 inne. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Ein neuer Präsident oder neue Präsidentin wird gemäss EKS-Angaben frühestens im Herbst gewählt.

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