Essstörung: Zahl der Spitaleintritte wächst rasant
Dass wegen Magersucht, Bulimie oder Essanfällen eine junge Frau ins Spital eingeliefert werden muss, kommt in der Schweiz jährlich über tausendmal vor.

Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr junge Menschen in der Schweiz leiden an Essstörungen.
- Innert sechs Jahren haben sich die Spitaleintritte verdoppelt.
- Ein gewichtiger Grund: Intensive Nutzung von Social Media.
Traurige Zahlen aus Schweizer Spitälern: Im Vergleich zum Jahr 2018 mussten im Jahr 2023 fast doppelt so viele junge Frauen wegen Essstörungen stationär behandelt werden.
Zur Erklärung: Zum Krankheitsbild «Essstörung» gehören Magersucht, Bulimie und die Binge-Eating-Störung (Essanfälle).
539 Frauen unter 18 Jahren traten im Jahr 2018 in ein Spital ein. Das Bundesamt für Statistik zählte fünf Jahre später 1008 Fälle.
Anstieg während Corona
Krass ist vor allem der Sprung während der Pandemie: 580 junge Frauen wurden im Jahr 2019 stationär behandelt – 953 im Jahr 2021.

Auch im Universitätsspital Zürich nehmen die Eintritte wegen Essstörungen zu: Von 64 Personen im Jahr 2022 zu 77 Fällen im Jahr 2024, wie die Abteilung «Konsiliarpsychiatrie und Psychosomatik» vermeldet.
Im Berner Inselspital werde ebenfalls «ein kontinuierlicher Anstieg von Fällen» festgestellt, sagt Mediensprecher Didier Plaschy zu Nau.ch.
Und weiter: «Besonders auffällig und beunruhigend in den vergangenen Monaten ist dabei die Verschiebung zu jüngeren Altersgruppen.»
Zusätzlich falle eine Zunahme bei männlichen Patienten sowie bei sehr jungen Kindern auf, so Plaschy. «Ob diese Entwicklung so anhält, bleibt abzuwarten.»
Die Gefahr der sozialen Medien
Nach Einschätzung der Krankenversicherungs-Psychologin Franziska Klemm sind derweil aber vor allem Mädchen anfällig.
Sie warnt: «Je intensiver die Nutzung sozialer Medien ist, desto grösser ist auch das Risiko für eine Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper. Und damit verbundene Essstörungen.»
Klemm: «Wenn die eigene Identität noch nicht gefestigt ist, können übersteigerte Ansprüche an das eigene Aussehen zur grossen Belastung werden.»
Eine Nau.ch-Leserin berichtet
Unter einer Essstörung gelitten hat die 28-jährige Sandra L., wie sie gegenüber Nau.ch erzählt.
«Besonders schlimm war es im Sommer, als es darum ging, sich im Bikini zu zeigen. Ich habe damals sogar aufgehört, tagsüber Wasser zu trinken, weil ich sonst das Gefühl hatte, ich bekomme einen Wasserbauch.»
Am Ende habe sie bei einer Körpergrösse von 1,60 Metern nur noch 43 Kilogramm gewogen. «Ich habe ständig gefroren und war müde. Zufrieden mit meinem Körper war ich dennoch nicht.»
Mittlerweile geht es Sandra L. wieder besser. Aber: Noch heute habe sie teilweise Mühe, richtig zu essen.
«Ich sehe nicht mehr wie eine essgestörte Person aus. Aber gewisse Angewohnheiten und Glaubenssätze sind noch immer in meinem Kopf.»
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Brauchst du Hilfe?
Bist du selbst oder jemand in deinem Umfeld von einer Essstörung betroffen? Dann kannst du die Dargebotene Hand (www.143.ch) kontaktieren.
Unter der kostenlosen Hotline 143 erhältst du anonym und rund um die Uhr Hilfe von Beraterinnen und Beratern. Sie können Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen. Auch eine Kontaktaufnahme über Einzelchat oder eine anonyme Beratung via E-Mail sind möglich.