Eltern schockiert: Priester feiert Kommunion trotz Sexual-Vorwürfen
Im Bergdorf Jaun FR arbeitet ein Priester mit Kindern, obwohl er wegen Vorwürfen mit Kindern gar keinen Kontakt mehr haben dürfte. Die Eltern sind fassungslos.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Deutscher wird in Jaun FR eingesetzt, da sich im Bergdorf kein Pfarrer finden lässt.
- Doch der Priester hat offenbar eine zwielichtige Vergangenheit.
- Dies wird erst bekannt, als der Mann schon mehrere Male mit Kindern zusammen war.
Ende Mai feierten Mädchen und Buben im Freiburger Bergdorf Jaun ihre Erstkommunion. Für viele katholisch getaufte Kinder ein Highlight, auf das sie sich lange vorbereiten.
Doch einen Monat später ist klar: Diese Feier wird vor allem den Eltern der Kinder mit einem sehr mulmigen Gefühl in Erinnerung bleiben. Denn der Priester, der eigens für die Kommunion und deren Vorbereitung in Jaun tätig war, soll in der Vergangenheit Mädchen sexuell missbraucht haben.
Er ist sowohl in Deutschland als auch in Österreich aktenkundig, wie der «Blick» schreibt. Der deutsche Priester musste seinen Orden verlassen und erhielt nach weiteren Stationen schliesslich im Kloster Saint-Maurice VS eine neue Chance.
Ab 2010 soll der damalige Abt von Saint-Maurice von den Vorwürfen gewusst haben. 2019 wurde dem Priester gar verboten, mit Kindern und Familien Kontakt zu haben. Denn auch im Wallis fiel er auf.
2015 streichelte der betroffene Priester einem Mädchen den Rücken unter der Bluse. So steht es in einem Bericht zu Missbrauchsfällen in der Abtei Saint-Maurice, der am Freitag den Medien präsentiert wurde.
Aus Medien von Vorwürfen erfahren
Und nun die Kommunion der Primarschüler in Jaun.
Betroffene Eltern sind fassungslos und in Sorge, wie eine Mutter auf Anfrage von Nau.ch erklärt. Sie hätten aus den Medien von den Vorwürfen gegen den Priester erfahren. Dieser hatte ihre Kinder im Vorfeld mehrmals getroffen.
Die Eltern sind schockiert, dass so etwas geschehen konnte. Dass ein solcher Priester noch immer mit Kindern arbeiten darf.
Die Frage, die nun viele quält: Ist etwas passiert bei diesen Treffen?
Bei der Pfarrei habe es auf Nachfrage geheissen, es handle sich um ein laufendes Verfahren und der betroffene Priester komme nicht mehr nach Jaun, bis die Angelegenheit geklärt sei.
Einzige Information: Ein Zettel des Bistums Lausanne, Genf, Freiburg, der bei der Kirche aufgehängt ist. Dort steht unter dem Vermerk «Mitteilung»:
«Pater R., der von Ihrer Pfarrei eingeladen worden war, in den letzten drei Monaten Vertretungsdienste zu übernehmen, wird seinen Dienst in Ihrer Pfarrei nicht fortsetzen. Die Bistumsleitung hatte ihn gebeten, eine Bescheinigung seines Vorgesetzten vorzulegen, die er jedoch nie geliefert hat. Sein Vorgesetzter, den das Bistum kontaktiert hat, gab an, nichts von der Anwesenheit dieses Pfarrers in Ihrer Pfarrei zu wissen und teilte mit, dass er nicht dort gewesen sein sollte. Gegen ihn wurden in der Presse Anschuldigungen erhoben, die einer Klärung bedürfen. Derzeit liegen nur lückenhafte Informationen vor.»
Man werde gemeinsam eine Lösung finden, schliesst die diözesane Kommunikationsstelle ihre Mitteilung an die Pfarrei Jaun. Und man schliesse die Pfarrei Jaun in die Gebete ein.
«War immer Aufsichtsperson dabei»
Für die Eltern bleiben viele Fragen offen. Zum Beispiel, ob man jetzt der Sache noch weiter nachgeht. Pfarreipräsident Roland Thürler erklärt auf Anfrage von Nau.ch, dass alle Informationen über das Bistum laufen würden.
Er könne jedoch sagen, dass die Kinder nie mit dem besagten Priester allein gewesen seien. «Es war immer eine Aufsichtsperson dabei», so Thürler. Also sei zu 99,9 Prozent nichts passiert, sagt er.
Zudem könne die Pfarrei nicht bestimmen, wer bei ihr tätig sei.
Beim betroffenen Bistum Lausanne, Genf, Freiburg tönt es jedoch anders.
Besagter Priester habe kein Mandat des Bistums gehabt. «Er war von der Pfarrei kontaktiert worden, um auszuhelfen», erklärt die Kommunikationsverantwortliche Laure-Christine Grandjean auf Anfrage.
Denn die Pfarrei sei einmal mehr ohne Priester dagestanden und habe rasch eine Lösung finden wollen.
Als das Bistum vom Einsatz des Priesters erfahren habe, habe es um die üblichen Unterlagen gebeten. «Wir erhielten Strafregisterauszüge – insbesondere das Sonderregister, das mit Vergehen an Minderjährigen zusammenhängt – die leer waren und mit denen wir vorläufig grünes Licht für dringende Handreichungen geben konnten», so Grandjean.
Doch dies habe in diesem Fall offenbar nicht ausgereicht. Und einmal mehr gezeigt, dass es bestimmte Schritte gäbe, die eingehalten werden müssten. Und man nicht einfach Personen in die Pfarrei holen könne.
Doch wie geht es nun für die betroffenen Kinder und Eltern weiter? Gemäss Laure-Christine Grandjean stünden mehrere Personen zur Verfügung, die sich um die Betroffenen kümmern könnten, sollten sich diese an ihre Pfarrei wenden.
Zudem werde sich das Bistum in Sachen Priester-Nachfolge zusammen mit der Pfarrei darum kümmern, die beste Lösung zu finden.
Für die Eltern in Jaun hat das wohl zurzeit nicht erste Priorität.