Forschende der ETH Zürich haben einen Sensor entwickelt, der kontinuierlich misst, wie stark die Blase mit Urin gefüllt ist. Das soll dazu dienen, dass Katheter weniger lang im Körper liegen und weniger Infektionen auftreten.
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Forschende der ETH Zürich haben einen Sensor entwickelt, der kontinuierlich misst, wie stark die Blase mit Urin gefüllt ist.. (Symbolbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Harnwegsinfektionen sind bei Patienten, denen im Spital oder in einem Pflegeheim ein Katheter gelegt wird, häufig.

Über den Schlauch können Keime und antibiotikaresistente Bakterien in den Körper einwandern, was im schlimmsten Fall eine Blutvergiftung verursacht. Je länger der Katheter liegt, desto höher das Infektionsrisiko, wie die ETH-Doktorandin Kanika Dheman im Gespräch mit Keystone-SDA erklärte.

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen und in Zusammenarbeit mit Ärzten des Universitätsspitals Zürich und Lausanne tüftelt sie an einer Technologie, die dem entgegensteuern soll: Das auf den Namen «Frodo» getaufte Gerät überwacht nicht-invasiv automatisiert die Blase.

Der Clou der Technologie: Vier auf der Bauchdecke angelegte Elektronen messen kontinuierlich und lokal die sogenannte Bioimpedanz des Körpers. Damit lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, wie viel Urin sich in der Blase befindet. Ein auf künstlicher Intelligenz basierter Algorithmus wertet die Daten aus und übermittelt diese via App an einen Monitor.

Ein Vorteil liege darin, dass Pflegekräfte auf Intensivstationen dank der von «Frodo» ausgelösten Alarme jederzeit wüssten, bei welchen Patienten die Blase voll ist und wer somit einen Katheter benötigt. Dauerhaft gelegte Katheter könnten somit reduziert werden, sagte Dheman.

Bei einer gesunden Person produzieren die Nieren etwa einen Milliliter Urin pro Kilogramm Körpergewicht in der Stunde. Sieht eine Ärztin, dass sich bei einem Patienten weniger Urin bildet, ist das ein Hinweis auf eine Nierenfehlfunktion - und damit auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustands.

«Das erlaubt es dem Gesundheitspersonal, sofort zu reagieren», so Dheman. Denn normalerweise würde die Nierenfunktion und andere Parameter alle drei bis vier Stunden überprüft. Wenn sich dazwischen eine Infektion oder andere gesundheitliche Probleme entwickelten, merke man das unter Umständen zu spät.

Auch für Menschen, die mit Unterstützung noch auf die Toilette gehen können, brächte «Frodo» Erleichterung. Wenn das System nämlich anzeigt, dass die Blase voll ist, kann eine Pflegekraft gezielt den Patienten angehen - ohne jeden einzeln ständig zu fragen, ob er sich erleichtern müsse. Das erspare Zeit im hektischen Alltag von Pflegeheimen und Spitälern und gebe den Patienten mehr Lebensqualität, sagte die ETH-Doktorandin.

Die Forschenden testeten ihre Entwicklung in einer Pilotphase bereits an vier gesunden Personen sowie vier Personen mit Blasenproblemen. Demnach habe «Frodo» präzise quantitative Urinwerte geliefert. In einem nächsten Schritt möchten sie in grösseren Probandengruppen mehr Daten sammeln, um den Algorithmus zu verfeinern. Denn ob eine Frau, ein Mann, ein Jüngerer oder ein Älterer überwacht werde, schlage sich auf die Datenauswertung nieder.

Dheman und ihre Kollegen werden «Frodo» und andere intelligente medizinische Überwachungssensoren an der diesjährigen «Scientifica» der Öffentlichkeit präsentieren.

Das Hauptprogramm des Zürcher Wissenschaftsfests findet am 4. und 5. September in den Hauptgebäuden der Universität und ETH Zürich, auf dem Campus Hönggerberg sowie auf dem Campus Irchel statt. Die diesjährigen Wissenschaftstage stehen unter dem Motto «Natürlich künstlich». An zahlreichen Ausstellungsständen und Kurzvorlesungen werden Forschende ihre aktuellen Projekte dazu Interessierten näher bringen.

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