Ein SRF-Dok portraitiert die Stadt Grenchen. Dort leben überdurchschnittlich viele Ausländer und Nicht-Wähler. Doch ihre Stadt habe mehr zu bieten, als der SRF-Dok suggerieren will, finden die Grenchner.
Sind die Grenchner ausländerfeindliche und politikverdrossene Nicht-Wähler?
Sind die Grenchner ausländerfeindliche und politikverdrossene Nicht-Wähler? - Screenshot SRF
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein SRF-Dokumentarfilm sucht nach den Auswirkungen der Globalisierung auf die Wähler.
  • Die Regisseurin wählt die Stadt Grenchen als Beispiel.
  • Einwohner Grenchens finden den Film tendenziös, einseitig und unfair.

Ein Schrebergarten in Grenchen. Eine Gruppe sitzt bei Steak und Kartoffelsalat. «Wir gehen nicht wählen», sagen sie. Und wenn, dann würden sie Nein stimmen. Die Abstimmungen seien zu kompliziert. «Die Demokratie könnte man eigentlich abschaffen».

Politverdrossenheit, tiefe Stimmbeteiligung und ausländerfeindliche Schrebergarten-Idylle. So stellt Karin Bauer in ihrer Dokumentation «Die schweigende Mehrheit» die Stadt Grenchen am Jurasüdfuss dar. Die Solothurner Provinzstadt diene als Exempel für eine weltweite Entwicklung.

tempi passati

Die Grenchner in Bauers Film schwärmen von früher, als die Uhrenstadt noch wirtschaftlich florierte und gesellschaftlich pulsierte. Heute ärgern sie sich über die vielen Ausländer – rund 36 Prozent (Schweizer Durchschnitt 25 Prozent) – oder die Vorschriften aus Brüssel.

Überdurchschnittlich ist in Grenchen auch die Sozialhilfequote (7 Prozent; Schweiz 3,3) oder die Arbeitslosenquote (4,4 Prozent; Schweiz 3,2). Unterdurchschnittlich ist aber vor allem eine Zahl: Die Wahlbeteiligung. Sie liegt mit 36,5 Prozent fast 10 Prozent unter dem Schweizer Schnitt.

Rote Köpfe in Grenchen

Trotzdem: Der Film zeichnet ein einseitiges Bild von Grenchen, finden viele Einwohner gegenüber «Radio Canal 3». Die Grenchner würden «lieber nichts sagen, als etwas falsches» gibt eine Passantin zu. Grenchen habe viele Ausländer, aber der Bau und die Uhrenbranche habe von ihnen auch profitiert. Gewisse rassistische Aussagen im Film gehen ihnen deshalb zu weit.

Für Vize-Stadtpräsident Remo Bill (SP) verschweigt der Film, dass zwischen Schweizern und Ausländern in Grenchen sehr wohl Austausch stattfinde, etwa in den zahlreichen Vereinen. Der Film zeichne ein einseitiges Bild. Auch er fordert von den Einwohnern jedoch mehr aktive Teilnahme am politischen Geschehen.

Auswirkungen der Globalisierung

In der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Gränche wenn…» ärgern sich viele Grenchner über den Film, der «tendenziös» sei. Die Auswahl der Personen sei genau so einseitig wie die Darstellung Grenchens als ausländerfeindlich und wirtschaftsschwach.

Die SRF-Dok-Produzentin Belinda Sallin verteidigt sich gegenüber «20 Minuten». Der Film wolle lediglich die Auswirkungen der Globalisierung festhalten und welche Auswirkungen diese auf den demokratischen Prozess habe. Dafür würden die Einwohner Grenchens exemplarisch stehen.

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