Vor zehn Jahren starb der italienische Dirigent Claudio Abbado. Seine Philosophie und sein neuer Stil gelten bis heute als Vorbild im Orchesterbetrieb.
Claudio Abbado dirigiert
Star-Dirigent Claudio Abbado veränderte die Orchesterwelt. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der italienische Dirigent Claudio Abbado starb am 20. Januar 2014 im Alter von 80 Jahren.
  • Im Umgang mit den Musikern pflegte er einen bis dato ungewöhnlichen, kollegialen Umgang.
  • Bis heute wirkt der Einfluss des beliebten Dirigenten auf die Orchestermusik.
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Er war ein Meister des Miteinanders und hat mit seiner Philosophie einen neuen Dirigierstil begründet. Claudio Abbado, der italienische Star-Dirigent, hinterlässt auch zehn Jahre nach seinem Tod ein beeindruckendes künstlerisches und menschliches Erbe.

«Nennt mich Claudio»

Abbados musikalische Interpretationen sind tiefgründig, ohne schwerfällig zu sein und schillern, ohne grell zu wirken. Seine Anfänge machte er in Mailand am Teatro alla Scala und brachte seine Musik auch in Fabriken und Krankenhäuser. Diese eine soziale Haltung war eine Neuerung im elitär geprägten Musikbetrieb, wie «SRF» berichtet.

Claudio Abbado Dirigent
Claudio Abbado verfolgte einen neuen, kollegialen Stil im Umgang mit dem Orchester. (Archivbild) - keystone

Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 wurde Abbado Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. In dieser Position brachte er Veränderungen mit sich, die einem Mauerfall gleichkamen: Er bot seinen Musikern das «Du» an und forderte sie auf: «Nennt mich Claudio.»

Claudio Abbado begründete neue Ära

Diese neue Herangehensweise führte zu einer neuen Verantwortung für die Orchestermusiker. Sie sollten aufeinander hören und selbst Verantwortung übernehmen – eine Revolution im traditionellen Orchesterbetrieb. So entstand ein feineres Zusammenspiel der Stimmen, vielfältiger als wenn nur gespielt wird, was der Dirigent vorgibt.

«Jeder hat seine Stimme in einem Orchester», sagte Abbado in einem Interview. Es komme darauf an, diese Vielfalt zu koordinieren. Er möge es nicht, wenn ein Orchester so «wie immer» spiele und sich hierbei auf unzeitgemässe Traditionen beriefe.

Ein wertvolles Erbe

Seinen neuen Stil erprobte Abbado auch mit dem Gustav Mahler Jugendorchester. Die jungen Musiker waren offener für Neues: «Mit ihnen kann man fliegen», sagte er. Viele ehemalige Mitglieder dieses Orchesters spielen heute in den grossen europäischen Orchestern und tragen so etwas von Abbados Geist weiter.

Claudio Abbado Dirigent Signierstunde
Claudio Abbado galt als beliebt bei Musikern und Öffentlichkeit. - keystone

Auch unter Dirigenten hat sich Abbados kollegialer Stil verbreitet. Daniel Harding und die ukrainische Dirigentin Oksana Lyniv sind nur zwei Beispiele von vielen, die sich auf ihn berufen.

Abbado in Luzern

Zwei Jahre nach seiner Krebsdiagnose im Jahr 2000 beendete Claudio Abbado seine Zeit als Chefdirigent in Berlin. Fortan widmete er sich hauptsächlich Projektorchestern. Hierzu gehörte auch das Lucerne Festival Orchestra – ein Orchester «der Freunde», wie es bald genannt wurde.

In Luzern dirigierte er das erste Konzert dieses neu gegründeten Orchesters im Sommer 2003. Seine Konzerte dort waren jeweils die Höhepunkte des Festivals. Zu dieser Zeit blühte der schwerkranke Claudio Abbado noch einmal auf: Musik als Heilung, daran glaubte er und mit ihm das Publikum, so «SRF» weiter.

Abbado verbrachte sein letztes Lebensjahrzehnt im Fextal in Graubünden. Dort, in einer kleinen Kapelle, liegt auch sein Grab. Es ist das stille Zeugnis eines Mannes, der die Musikwelt revolutionierte.

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