Das Wichtigste in Kürze
Zum 60. Jahrestag der Katastrophe von Mattmark hat sich der Kanton Wallis offiziell bei den Hinterbliebenen der 88 Todesopfer entschuldigt. Regierungspräsident Mathias Reynard räumte in seiner Ansprache während eines Gedenkanlasses ein, dass die Bewältigung der Tragödie unzureichend gewesen sei.
Über das Ausmass der Katastrophe hinaus seien die Familien der Opfer zutiefst erschüttert gewesen über die Haltung der damaligen Behörden, schrieb die Walliser Kantonsregierung am Samstag in einem Communiqué. Der Mangel an Unterstützung sowie die anschliessenden Gerichtsverfahren hätten den Schmerz noch verstärkt.
Am 30. August 1965 war eine Zunge des Allalin-Gletschers abgebrochen und hatte das Barackenlager der Baustelle der Staumauer von Mattmark unter sich begraben. 56 Italiener, 23 Schweizer, vier Spanier und fünf Menschen aus anderen Nationen verloren ihr Leben.
Die Aussagen in der Mitteilung des Kantons vom Samstag bezogen sich insbesondere auf den Prozess von 1972 zu dem Unglück und die Berufung. Die Gerichte urteilten damals, dass der Einsturz nicht vorhersehbar gewesen sei. 17 Angeklagte wurden freigesprochen. Die Opfer-Familien mussten einen Teil der Gerichtskosten tragen.
Diese Entscheidung, die als ungerecht und unverständlich empfunden wurde, habe das Gefühl der Vernachlässigung verstärkt, insbesondere innerhalb der italienischen Gemeinschaft, schrieb der Walliser Staatsrat.
Am Gedenkanlass nahmen auch Aussenminister Ignazio Cassis und sein italienischer Amtskollege Antonio Tajani teil. Gemeinsam gedachten sie der 88 Opfer. Beide Politiker posteten auf der Plattform X ein Bild des Kreuzes, das am Ort der Katastrophe an die Getöteten erinnert, sowie eines dort von ihnen niedergelegten Kranzes.
Vor der Kranzniederlegung fand beim Mattmark-Stausee ein Gedenkgottesdienst statt. Im Vorfeld hatten auch Italiens Oppositionschefin Elly Schlein sowie weitere Amtsträgerinnen und -träger ihre Teilnahme an dem Gedenkanlass angekündigt.
Bei der Katastrophe von Mattmark brachen zwei Millionen Kubikmeter Material ab. Bis zu 50 Meter hoch türmten sich auf der Baustelle stellenweise die Eiskegel. Heute gehen Fachleute gestützt auf die Akten von damals davon aus, dass die Katastrophe sehr wohl vorhersehbar gewesen wäre. Schon 2005 brachte ein Journalist zutage, dass die Verantwortlichen um die Gefahren des Gletschers wussten.