Die Digitalisierung von Patientendossiers soll wieder vorangetrieben werden. Bund und Kantone haben sich ambitionierte Ziele gesetzt.
Elektronisches Patientendossier auf Laptop
Das elektronische Patientendossier hat den Durchbruch noch nicht geschafft. Bund und Kantone geben sich aber zuversichtlich. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bund und die Kantone wollen das Projekt «E-Patientendossiers» vorantreiben.
  • Aktuell hat nur ein Promille der Schweizer Bevölkerung so eines.
  • Das Digitalisierungsprojekt wird allerdings immer wieder von allen Seiten kritisiert.
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Nur gut ein Promille der Schweizer Bevölkerung besitzt derzeit ein elektronisches Patientendossier. Bund und Kantone wollen jedoch nichts von einem Scheitern wissen - und setzen sich ambitionierte Ziele.

«Das elektronische Patientendossier läuft und bringt einen Nutzen.» - «Das elektronische Patientendossier funktioniert, teilweise seit mehr als einem Jahr.» - «Das elektronische Patientendossier ist sicher.»

Das viel kritisierte Digitalisierungsprojekt habe zwar den Durchbruch noch nicht geschafft, aber aus ihrer Sicht sei es auf gutem Weg. Das betonten Vertreterinnen und Vertreter von Bund und Kantonen am Dienstag vor den Medien.

Klar wurde aber auch: Es braucht Verbesserungen am Instrument, quasi eine Operation am offenen Herzen. Gemäss aktuellen Zahlen haben erst rund 9000 Personen in der Schweiz ein elektronisches Patientendossier eröffnet. Die allermeisten davon in der Westschweiz.

Einigung auf gemeinsame Standards

Auch bei den Leistungserbringern hat sich das Instrument noch nicht auf der ganzen Linie durchgesetzt: 13 Prozent der Praxisärzte arbeiten noch mit Papierakten, wie Nassima Mehira vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) sagte. Und fügte an: «Wir können nur digitalisieren, wenn die Daten digital vorhanden sind.»

Eine weitere Herausforderung ist, dass sich die verschiedenen Player auf gemeinsame Standards bei der Verwendung des elektronischen Patientendossiers einigen müssen. In Schweizer Arztpraxen sind laut Mehira rund 80 verschiedene Software-Tools zum Erfassen von Patientendaten im Einsatz. Das führe dazu, dass dieselben Daten häufig mehrfach erhoben und eingegeben werden müssten.

elektronische gesundheitsakte
Das elektronische Patientendossier (EPD) soll die Verwaltung von Gesundheitsdaten vereinfachen. - Keystone

Trotzdem ist sie optimistisch, dass das E-Dossier nun schnell eine breitere Anwendung findet. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass in kurzer Zeit vieles möglich sei. «Diese Erfahrungen müssen wir nun mitnehmen für die digitale Transformation.»

Damit das elektronische Patientendossier doch noch ein Erfolg wird, müssten sich möglichst viele Ärzte und Spitäler anschliessen. Nach Einschätzung von Adrian Schmid, Leiter der Geschäftsstelle von eHealth Suisse, hätte das zahlreiche Vorteile. Patientenakten wie Röntgenbilder, Berichte und Befunde müssten nicht mehr hin- und hergeschickt und überflüssige Untersuchungen könnten reduziert werden.

Patientendossier soll wichtiger Bestandteil werden

In der Westschweiz sind aktuell rund tausend Institutionen am System angeschlossen. Sobald die schweizweite Vernetzung aller sogenannten regionalen Stammgemeinschaften funktioniere, folge eine nationale Sensibilisierungskampagne, sagte Schmid. «Es muss viel mehr passieren.» Es brauche jedoch Ausdauer, wie die Erfahrungen in anderen Ländern zeigten.

«Die Kantone sind zuversichtlich, dass das bestehende Patientendossier zu einem wichtigen Bestandteil der Gesundheitsversorgung weiterentwickelt werden kann.» Das sagte Magdalena Wicki Martin von der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK). Sie dämpfte aber gleichzeitig die Erwartungen: Mit dem E-Dossier könne das Gesundheitswesen nicht auf einen Schlag digitalisiert werden.

Vor wenigen Wochen hatte der Bundesrat bekanntgegeben, dass er das Heft nun selbst in die Hand nehmen wolle. Das elektronische Patientendossier solle künftig als Instrument der obligatorischen Krankenversicherung gelten. Damit erhielte der Bund weitreichende Kompetenzen.

Schwere Finanzierung

Aus Sicht der Kantone ist insbesondere die Finanzierung der Knackpunkt der laufenden Revision. «Je nach künftiger Ausgestaltung müssen die Kantone einen grossen Teil der Kosten tragen», sagte Wicki Martin. Noch sei die Finanzierung «ungenügend geregelt».

Aus Sicht des Bundes braucht es eine langfristig «klare Aufgaben- und Kompetenzaufteilung», wie Gian-Reto Grond vom BAG sagte. Die Kantone sollen die Kosten für die Daten-Stammgemeinschaften übernehmen und der Bund jene für die Weiterentwicklung.

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Wartezimmer einer Arztpraxis. Foto: Daniel Karmann/dpa - dpa-infocom GmbH

Bei der Freiwilligkeit der Patientinnen und Patienten will der Bundesrat zwei Varianten in die Vernehmlassung schicken. Die eine ist die Beibehaltung der Freiwilligkeit, die andere die Möglichkeit, auf Wunsch vom elektronischen Dossier ausgenommen zu werden. Der Bundesrat zieht die zweite Variante vor.

Trotz vieler offener Fragen zeigte sich Patrice Hof, Präsident der Konferenz der Stammgemeinschaften, zuversichtlich: «Viele Zuschriften zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.»

Mit seiner Westschweizer Stammgemeinschaft verfolgt Hof ambitionierte Ziele. Bis Ende des Jahres sollen 20'000 elektronische Patientendossiers eröffnet sein. Ende 2030 sollen es dann eine Million sein. Das wäre jede zweite Person in der Westschweiz.

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