Viereinhalb Jahre durfte ein Berner Unternehmer seine «Brünig Lodge» nicht betreiben. Ein Jurist vermutet Willkür. Der Regierungsstatthalter wehrt sich.
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Wird scharf kritisiert: Regierungsstatthalter Martin Künzi. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein jahrelanger Rechtsstreit kostete einem Unternehmer fast sein ganzes Vermögen.
  • Dabei wollte der Mann lediglich ein einstiges Personalhaus an Touristen vermieten.
  • Ein Jurist hat wenig Verständnis für den Vorgang und vermutet Willkür.
  • Regierungsstatthalter Martin Künzi wehrt sich gegen die Vorwürfe aus dem «Kassensturz».
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Eigentlich wollte Unternehmer Ruben Anderegg lediglich sein einstiges Personalhaus für Hotelangestellte renovieren und dann Touristen zur Verfügung stellen.

Einen Strich durch die Rechnung machte diesem Projekt auf dem Brünigpass jedoch die örtliche Bauverwaltung sowie der Regierungsstatthalter von Interlaken-Oberhasli, Martin Künzi. Dreimal war Anderegg mit ordentlichen Baugesuchen gescheitert, wie im «Kassensturz» von SRF berichtet wird.

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Die «Brünig Lodge». - Screenshot Google Maps

Zu Unrecht, wie nun aber die Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern nach jahrelangem Streit entschied. Demnach sei das Ablehnen der Bau-Bewilligung nicht korrekt gewesen.

«Das war eine echte Genugtuung», sagt Anderegg im SRF. Dem Unternehmer war zuvor eine Busse von 35'000 Franken aufgebrummt worden, da er das ursprüngliche Nein ignorierte. Es sei für ihn ums Überleben gegangen, begründet er dies.

Trotz der jetzigen Bewilligung hat der Rechtsstreit über knapp viereinhalb Jahre Anderegg viel gekostet. Als Resultat musste der Unternehmer die «Brünig Lodge» sogar verkaufen, anstatt sie weiter zu betreiben. Fast sein gesamtes Vermögen ist nun weg.

Schwere Vorwürfe gegen den Regierungsstatthalter

Der auf Baurecht spezialisierte Anwalt David Inauen sieht in dem Verfahren mehrere Dinge, die auf beiden Seiten schiefliefen. «Viereinhalb Jahre für eine einfache Umnutzung innerhalb des Gebäudes, an der Grenze der Bewilligungspflicht, ist definitiv zu lang», sagt der Jurist im «Kassensturz».

Besonders Regierungsstatthalter Martin Künzi kritisiert Inauen. Er habe mehrfach seine Kompetenzen überschritten und unter anderem baupolizeiliche Aufgaben übernommen, obwohl dies eigentlich der Gemeinde obliege.

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Regierungsstatthalter Martin Künzi wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe. (Archivbild) - keystone

Ausserdem wurde in seinem Entscheid ein «informeller Augenschein» erwähnt, was nicht zulässig sei. Künzi habe so seine Pflicht zur Neutralität verletzt.

Regierungsstatthalter weist Vorwürfe zurück

In einer Medienmitteilung wehrt sich der Regierungsstatthalter gegen die Anschuldigungen der «Behördenwillkür». Aufgrund seiner Funktion als baupolizeiliche Aufsichtsbehörde sei er verpflichtet gewesen, die Gemeindebaupolizeibehörde zum Handeln aufzufordern, heisst es.

Auch eine angebliche Verletzung seiner Aufsichtspflicht in anderen Fällen weist er vehement zurück. Bezüglich der Länge des Verfahrens sagt Künzi auf Anfrage von SRF, dass diese hauptsächlich auf die Bauherrschaft zurückzuführen sei. Es habe sich um drei unabhängige Bewilligungsverfahren gehandelt.

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