Berner Obergericht befasst sich mit Drama in Cholerenschlucht

Philipp Kobel
Philipp Kobel

Bern,

Ist Bergführer Martin M. doch schuld am Tod von Jessica M.? Die 13-Jährige stürzt 2011 ab und stirbt. Das Berner Obergericht befasst sich heute mit dem Unglück.

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Das Berner Obergericht befasst sich mit dem Unglück. - Nau

Das Wichtigste in Kürze

  • 2011 stürzt die 13-jährige Jessica M. in der Cholerenschlucht vor Adelboden BE und stirbt.
  • Der verantwortliche Bergführer wird vom Regionalgericht Thun 2017 freigesprochen.
  • Seit heute befasst sich das Berner Obergericht mit dem Drama.

13. Oktober 2011: Die 13-jährige Jessica M. und ihre Kollegin befinden sich in der Cholerenschlucht bei Adelboden BE. Plötzlich rutscht Jessica aus, stürzt ab. Das Mädchen stirbt auf dem Weg ins Spital.

Der verantwortliche Bergführer Martin M. wird wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. 2017 spricht ihn das Regionalgericht Berner Oberland von diesem Vorwurf frei.

Der Vater von Jessica akzeptiert das Urteil, nicht so die beiden Schwestern und die Mutter. Deshalb beschäftigt sich seit heute das Berner Obergericht mit dem tragischen Fall.

«Jessica hatte zwei linke Füsse»

Jessica M. - zvg

Das Gericht befragt zuerst die einzige anwesende Schwester der Verunglückten, Magaly C. Die 29-Jährige fungierte aufgrund der schwierigen Familienverhältnisse als eine Art «Ersatzmami» für Jessica. Noch heute kämpft Magaly wegen dem Verlust ihrer Schwester mit psychischen Problemen. «Mit Jessica starb ein Teil von mir.» Während der Befragung kämpft sie zweimal mit den Tränen.

Auf die Frage, ob ihre Schwester tollpatschig gewesen sei, antwortet Magaly: «Ja, sie war tollpatschig. Sie hatte zwei linke Füsse.» Falls Jessicas Mutter vom verhängnisvollen Kletterausflug in die Cholerenschlucht gewusst hätte, hätte sie Jessica bestimmt nicht gehen lassen.

«Sie schoss hinunter wie ein gespannter Pfeilbogen»

Dann befragt das Gericht den Beschuldigten. Martin M. ist seit 1993 ausgebildeter Bergführer und noch heute auf dem Beruf tätig. Er hatte schon vor dem Unfall grosse Erfahrung im Klettern mit Kindern und führte gemäss eigener Aussage zwischen zehn und zwanzig Kinderbergsteigerlager durch.

Aufgrund seiner Expertise und den Beobachtungen der beiden Mädchen am Unglückstag entschied der Bergführer, ungesichert in die Cholerenschlucht abzusteigen.

Dass ein Sturz solch drastische Folgen haben könnte, hätte Martin M. nicht gedacht. «Sie schoss hinunter wie ein gespannter Pfeilbogen.»

Gutachter bewertet Risiko

War die Stelle schlicht zu gefährlich, um sie mit zwei Mädchen ungesichert zu begehen? Um dies zu beurteilen, liess das Gericht ein Gutachten vom erfahrenen Bergführer Michael Wicky erstellen. Sein Verdikt: «Die Stelle gilt als Bergwanderung und ist technisch leicht, trotzdem aber besteht die Gefahr eines Absturzes.»

Für einen geübten Bergwanderer schätzt Wicky das Risiko eines Sturzes als sehr gering ein. Aber: «Ich sehe die Problematik, dass ein Mädchen hinfallen und über den Weg hinausstürzen kann.»

Es folgen die Plädoyers der Anwälte. Am Freitagnachmittag spricht das Obergericht das Urteil.

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Heute beginnt der Prozess nach dem Drama in der Cholerenschlucht. - Nau

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