Bericht stellt Lücken bei Massnahmen gegen Rassismus fest

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Bern,

In der Schweiz gibt es weiterhin Lücken bei den Massnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus.

Rassismus
Eine Anti-Rassismus-Demo in Basel. In den letzten Jahren wurde hierzulande eine stetige Zunahme rassistischer Vorfälle verzeichnet. (Archivbild) - keystone

Diese zeigten sich unter anderem beim straf- und zivilrechtlichen Schutz vor Rassismus im Internet, wie ein am Dienstag anlässlich der Kick-Off-Tagung zur Strategie gegen Rassismus und Antisemitismus veröffentlichter Bericht nahelegt. In den letzten Jahren wurde hierzulande eine stetige Zunahme rassistischer Vorfälle verzeichnet.

Hinsichtlich der Koordination und dem Orientierungsrahmen zeigte sich ein Mangel an ausreichender Abstimmung bei der Umsetzung der Massnahmen, wie es in dem von Interface im Auftrag der Fachstelle für Rassismusbekämpfung (FRB) aktualisierten Bericht zu Massnahmen gegen Antisemitismus von Bund, Kantonen und Gemeinden weiter heisst.

Auch seien die Vorgaben für Massnahmen «wenig konkret, und die finanziellen Mittel für ihre Umsetzung begrenzt». Das führe zu erheblichen Unterschieden in der Praxis. Unterschiedliche Auffassungen von Rassismus erschwerten zudem die Entwicklung einheitlicher Ansätze. Darüber hinaus würden in vielen Massnahmen spezifische Formen von Rassismus nur begrenzt berücksichtigt.

Die eidgenössischen Räte hatten den Bundesrat im Sommer 2024 mit der Annahme eines entsprechenden Vorstosses der staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK-N) mit der Aktualisierung des Berichts aus dem Jahr 2021 beauftragt.

Auf der institutionellen Ebene zeigten sich laut dem Bericht indes Defizite bei den Beratungsangeboten. Letztere seien, trotz steigender Beratungszahlen, noch zu wenig bekannt und unterschieden sich jeweils bei der Ausrichtung. Eine weitere institutionelle Lücke zeige sich in fehlenden Massnahmen gegen strukturellen Rassismus und Antisemitismus, vor allem in den Bereichen Bildung, Polizei und Justiz.

Erkenntnisse zur Wirksamkeit bestehender Massnahme fehlen

Schliesslich fehle es auch an qualitativer und quantitativer Forschung zu den Ursachen, zum Ausmass und zur Entwicklung von Rassismus und Antisemitismus, vor allem mit Blick auf strukturelle und institutionelle Formen. Ebenso fehlten Erkenntnisse zur Wirksamkeit bestehender Massnahmen.

Nationale Förderprogramme und Schwerpunktsetzungen in wissenschaftlichen Institutionen zur Rassismus- und Antisemitismusforschung seien zudem bislang kaum etabliert. Spezifische Forschung erfolge meist im Auftrag der FRB oder der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR).

Neben der Aktualisierung des Berichts verlangte der Vorstoss der SPK-N vom Sommer 2024 weiter, dass die Landesregierung gemeinsam mit den Kantonen eine Strategie und einen Aktionsplan gegen Rassismus und Antisemitismus ausarbeitet.

Zur Vorbereitung fand bis Ende Januar des laufenden Jahres mittels Umfrage ein Stakeholder-Hearing unter Einbezug von Behörden, Zivilgesellschaft und Wissenschaft statt, dessen Ergebnisse ebenfalls an der Kick-Off-Tagung vom Dienstag veröffentlicht wurden.

Die Befragten waren sich dabei laut der FRB in einem zentralen Punkt einig: Die Schweiz braucht eine klare, kohärente und nachhaltige nationale Strategie zur Bekämpfung aller Formen von Rassismus und rassistischer Diskriminierung.

Bundesrätin Baume-Schneider nahm an Kick-Off-Tagung teil

Im Bereich Monitoring forderten die Akteure unter anderem eine bessere Berücksichtigung von Online-Rassismus. Betreffend Schutz solle vor allem der rechtliche Rahmen, insbesondere mit Blick auf das Privatrecht, gestärkt werden, hiess es weiter. Auch müssten bestehende Unterstützungsangebote sichtbarer und einfacher zugänglich gemacht werden. Ängste von Betroffenen – etwa vor einem Arbeitsplatzverlust, Racial Profiling und Polizeigewalt – müssten berücksichtigt und der Schutz davor gestärkt werden.

Im Bereich Bildung müsste die Prävention systematisch im Lehrplan verankert werden – und das Handlungsfeld auf die Erwachsenen- und Berufsbildung ausgeweitet werden. Im Umgang mit strukturellem Rassismus indes, müsse institutionelle Verantwortung wahrgenommen werden, heisst es im Bericht weiter. Auf nationaler Ebene sollte es einen Austausch im Sinne von «Best Practice» geben.

An der Kick-Off-Tagung in Bern nahm auch Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider teil. «Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes erarbeiten wir eine nationale Strategie gegen Rassismus und Antisemitismus», sagte die Innenministerin laut Redetext. Dies seien keine abstrakten Phänomene: «Sie verursachen konkretes Leid, das belegt ist durch Daten, durch Monitoringberichte, durch wissenschaftliche Studien – und natürlich durch Zeugnisse von Betroffenen.»

Mit der Strategie, die nun erarbeitet werde, könne das Engagement der verschiedenen Akteurinnen und Akteure gebündelt und aufeinander abgestimmt werden. Rund 200 Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutierten an der Tagung die Grundlagen und Stossrichtungen der Strategie, welche Ende 2025 durch die Landesregierung verabschiedet und ab 2026 in einem Aktionsplan umgesetzt werden soll.

Basierend auf den Ergebnissen des aktualisierten Berichts und des Hearings zu Massnahmen gegen Rassismus und Antisemitismus wurden Empfehlungen formuliert. Zur Stärkung eines gemeinsamen Orientierungsrahmens für alle Akteure soll eine nationale Plattform gegen Rassismus etabliert werden.

Vorfälle meistens in Schule, am Arbeitsplatz und im öffentlichen Raum

Weiter soll ein gemeinsames Verständnis von Rassismus, welches alle seine Formen einschliesst, gefördert werden. Zudem sollen verbindliche Zuständigkeiten und Minimalvorgaben für die beteiligten Akteure festgelegt werden.

Auch soll der straf- und zivilrechtliche Schutz bei rassistischer Diskriminierung gestärkt werden. Beratungsangebote sollen sichtbarer und harmonisiert werden. Zudem soll Antirassismusarbeit in den Regelstrukturen, vor allem in den Bereichen Bildung, Polizei und Justiz, verankert werden.

Weiter empfiehlt der Bericht mehr Forschung zu Rassismus und Antisemitismus sowie einen Wissensaustausch mit anderen Ländern zur Überprüfung von Zielen als Stärkung der Wirkungsorientierung der Massnahmen.

In den vergangenen Jahren wurden in der Schweiz stetig mehr rassistische Vorfälle verzeichnet. 2024 meldeten Betroffene zwei Fünftel mehr Vorfälle als noch im Vorjahr. Die meisten Vorfälle gab es in der Schule, am Arbeitsplatz und im öffentlichen Raum. Im vergangenen Jahr gab es demnach 1211 dokumentierte Fälle, 335 oder knapp 40 Prozent mehr als noch 2023.

Für den starken Anstieg sind den Angaben der EKR zufolge einerseits die Polarisierung der öffentlichen Meinung und die geopolitische Lage ausschlaggebend. Andererseits sind auch die Beratungsstellen bekannter geworden, und die Opfer suchen schneller Hilfe.

Kommentare

User #2226 (nicht angemeldet)

Das Problem sind nicht die Menschen in der Schweiz, sondern die NGOs die Probleme suchen und daraus ein Problem machen. Und ja., schlussendlich geht es nur ums Geld, sei es Spenden oder Steuergelder.

User #5919 (nicht angemeldet)

Die Meinung zu gewissen Themen darf man in der Schweiz sowieso nicht sagen!

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Angélique Beldner
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