Die Behörden hatten offenbar Kenntnis von den giftigen Stoffen, die aus der KVA in Buchs AG ausgestossen wurden. Zwei Bauernbetriebe litten darunter.
KVA
Wärme, etwa aus Kehrrichtverbrennungsanlagen, soll künftig im Grundwasser gespeichert werden dürfen. (Archivbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Aus der KVA in Buchs AG sollen hochgiftige Dioxine ausgestossen worden sein.
  • Zu Schaden kamen unter anderem zwei Bauernbetriebe.
  • Nun stellte sich heraus, die Behörden haben davon gewusst.
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Die Bundesbehörden haben Anfang der 1980er Jahre von hochgiftigen Dioxinen in der Umgebung der Kehrrichtverbrennungsanlage (KVA) in Buchs AG gewusst. Auf zwei Landwirtschaftsbetrieben in der Nähe der KVA erkrankten Tiere.

Eine Fachgruppe legte in der Folge Anfang 1979 Analysen von zehn KVA in der ganzen Schweiz vor. Demnach habe man in der Umgebung der Anlagen gesundheitsgefährdende Dioxine nachgewiesen. Die Gefährdungslage sei jedoch «noch immer nicht abschätzbar», hiess es.

Schäden auf Bauernhöfen sorgten für Wirbel

Auch weitere Berichte der Behörden und Fachgruppen belegten früh hohe Emissionswerte aus den KVA. Das berichteten die Zeitungen der Tamedia am Montag unter Berufung auf Akten aus dem Bundesarchiv. Der Nachrichtenagentur Keystone-SDA liegen die entsprechenden Dokumente aus dem Bundesarchiv vor.

Aus einer handschriftlichen Aktennotiz der Bundesbehörden von 1978 geht hervor, dass man «wegen Buchs: beunruhigt» war. Die Schäden auf den Bauernbetrieben nahe der KVA Buchs bei Aarau von 1973 bis 1976 waren im Kanton politischer Dauerbrenner.

Bauernhof
Ein Bauernhof in der Schweiz. (Symbolbild) - Keystone

Die Bauern machten geltend: Sie mussten wegen Emissionsschäden durch den Staubausstoss aus dem Kamin der 1973 in Betrieb genommen KVA ihr erkranktes Vieh notschlachten. Die Bauern wurden nicht ernst genommen und in der Öffentlichkeit teilweise angefeindet.

Bewegung in den Fall brachte der 1983 neugewählte Baudirektor und spätere Nationalrat Ulrich Siegrist, der 2006 aus der SVP austrat. Er räumte im Kantonsparlament «eine erhebliche Überschreitung der zulässigen Auswurflimiten» ein.

Landwirte erhalten finanzielle Entschädigung

Die Regierung richtete ein Schiedsgericht ein. Dieses kam zum Schluss, dass die Schäden auf den beiden Bauernbetrieben durch die Emissionen der KVA verursacht worden waren. Dies «mindestens teilweise, jedoch in recht erheblichem Ausmass».

Unter Druck der Politik und der Öffentlichkeit stimmte 1986 der aus über 50 Gemeinden bestehende Zweckverband einer finanziellen Entschädigung zu. Ein Landwirt in Suhr AG, der seinen Betrieb 1978 aufgeben musste, bekam 250'000 Franken. Ein Landwirt in Hunzenschwil AG erhielt 25'000 Franken. Eine Entschuldigung des Kantons oder des Zweckverbands erhielten die Landwirte nicht.

Kölliken
Der letzte Stützbogen der Halle in Kölliken wird entfernt. - Keystone

Der jahrelange Streit um Schäden auf den beiden Bauernhöfen fiel in die Zeit des Umweltskandals wegen der Sondermülldeponie Kölliken. Nach nur sieben Jahren Betrieb war die interkantonale Sondermülldeponie 1985 wegen Umweltproblemen von der Standortgemeinde geschlossen worden.

Die mittlerweile erfolgte Gesamtsanierung der grössten Schweizer Altlast kostete die ehemaligen Betreiber rund eine Milliarde Franken. Dazu gehörten die Kantone Aargau und Zürich sowie die Stadt Zürich und die Basler Chemie. Tausende von Tonnen Sondermüll wurden ausgebaggert und entsorgt.

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