Verantwortliche für Raubkunst vermisst verbindliche Standards
Nikola Doll ist die neue Verantwortliche für Raubkunst beim Bundesamt für Kultur. Sie wünscht sich verbindliche Standards zur Aufarbeitung bei Museen.

Die neue Verantwortliche für Raubkunst beim Bundesamt für Kultur, Nikola Doll, hat das Fehlen verbindlicher Standards bei der Provenienzforschung beanstandet. Sie plädierte in einem Interview mit dem «Sonntagsblick» für genügend Mittel für unabhängige Forschung.
Seit 1998 würden für Provenienzforschung erhöhte Sorgfaltspflichten gelten, aber es fehlten noch immer verbindliche Standards, sagte die 54-jährige Kunsthistorikerin. Sie ist seit April für den Bereich Raubkunst und Provenienzforschung im Bundesamt für Kultur verantwortlich.
Dialog mit Opfern und Erben gewünscht
Doll sah bei der Forschung insbesondere Museen in der Pflicht. «Ein Museum sollte wissen, welche Werke sich in der Sammlung befinden und unter welchen Umständen diese 1933 bis 1945 ihre Eigentümer gewechselt haben.» Zum Thema Raubkunst gehörten neben der Forschung der transparente Umgang mit den Erkenntnissen und der Dialog mit den Opfern oder ihren Erben.
Nicht in jeder Sammlung schlummere Raubkunst. Aber man könne es nicht ausschliessen. Generell plädierte sie dafür, genügend Mittel für unabhängige Forschung zur Verfügung zu stellen. Seit 2016 unterstützt der Bund öffentliche und private Museen und Sammlungen mit Finanzhilfen. Das Fördervolumen beträgt rund zwei Millionen Franken.
Beitrag zur Anerkennung historischen Unrechts
Eine Gefahr, dass die Forschung dazu führe, dass sämtliche Kunst, die von 1933 bis 1945 jüdische Besitzer in Europa hatte, abgehängt werden müsse, sah Doll nicht. «Das ist Schwarz-Weiss-Denken!» Manchen Opfern und Erben gehe es nicht ums Geld, sondern um die Anerkennung von historischem Unrecht. Museen könnten dazu einen Beitrag leisten.
Das Kunstmuseum Basel etwa habe beschlossen, die Biografie eines jüdischen Sammlers aufzuarbeiten und auszustellen, sagte Doll. Es gebe auch die Möglichkeit, dass das Bild den Eigentümer wechsle, aber im Museum verbleibe. «Für die Besuchenden ändert sich so nichts.»