Die Schweizer Alpen könnten in Zukunft eine Weltbank der Mikrobiota beherbergen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben bereits damit begonnen, Exkremente aus Laos oder Äthiopien zu sammeln. Wie Tiere oder Pflanzen ist nämlich auch die Darmflora vom Aussterben bedroht.
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Eine Forscherin in einem Labor. (Symbolbild) - pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Medizin könnte eines Tages ein Bakterium brauchen, das verschwunden ist.

«Dann könnte man sie zum Beispiel aus diesen Proben extrahieren, sie kultivieren, um daraus ein Medikament zu machen», sagte Pascale Vonaesch, Assistenzprofessorin in der Abteilung für Mikrobiologie an der Universität Lausanne (UNIL), am Dienstagabend in Westschweizer Fernsehen RTS.

«Es ist noch ein Standort bestimmt, er muss aber leicht zugänglich sein. Zudem muss er über die Infrastruktur verfügen, um Gefrierschränke mit sehr niedrigen Temperaturen versorgen zu können, und, wenn möglich, über eine Quelle für flüssigen Stickstoff in der Nähe verfügen», erklärte Vonaesch gegenüber Keystone-SDA. Das Team sei derzeit aktiv dabei, mögliche Standorte in den Alpen zu identifizieren.

Das Projekt, das sie unter anderem mit zwei Kollegen von der Universität Zürich und der ETH Zürich durchführt, zielt darauf ab, die Vielfalt der Mikrobiota der Menschheit langfristig zu erhalten. Die Idee ist, Proben von überall auf der Welt zu sammeln, um die gesamte Vielfalt der Darmflora abzudecken, da diese sehr unterschiedlich und regionalspezifisch ist.

Die Hauptursache für ihre Verarmung der Mikrobiota liege in der mangelnden Vielfalt der verzehrten Lebensmittel, aber auch im Einsatz von Antibiotika, erklärt Vonaesch. Dass Menschen heute immer weniger den Bakterien aus der Umwelt ausgesetzt seien, weil der Kontakt mit der Erde und zu Tieren fehle, trage ebenfalls zum Verschwinden dieses Erbes bei, so die Forscherin.

Daher sind die Mikrobiota von Menschen, die fernab der industrialisierten Welt leben, sozusagen die letzten Überlebenden ihrer Art. Genau aus diesem Grund sammeln die Forscher Proben und frieren sie ein, bevor es zu spät ist.

Das müsse schnell gehen, denn selbst die Hirtengemeinschaften in Äthiopien, die eng mit Tieren zusammenlebten, änderten ihre Gewohnheiten, indem sie auf dem Markt gekaufte Lebensmittel konsumierten und sogar Antibiotika einnähmen, stellt die Forscherin fest.

Derzeit sammelt das Projekt, dessen Pilotphase läuft, nicht nur Proben aus Äthiopien und Laos, sondern auch aus Puerto Rico und Peru. Letztendlich soll die Weltbank der Mikrobiota die Exkremente der ganzen Welt in den Alpen beherbergen.

In der Zwischenzeit werden die Proben an die Universität Zürich geschickt, wo sie von Adrian Egli betreut werden, der auf die Analyse und Lagerung solcher Proben spezialisiert ist.

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