Die Beteiligung der Schweiz am EU-Forschungsrahmenprogramm «Horizon 2020» ist im Vergleich zum vorherigen Programm zurückgegangen.
Robert-Jan Smits, Generaldirektor der Europäischen Kommission für Bildung und Forschung, zum Programm «Horizon 2020».
Robert-Jan Smits, Generaldirektor der Europäischen Kommission für Bildung und Forschung, zum Programm «Horizon 2020». - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweizer Beteiligung am EU-Forschungsprogramm «Horizon 2020» ist geschrumpft.
  • Grund dafür sind die Folgen der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative.

Die Beteiligung der Schweiz am EU-Forschungsrahmenprogramm «Horizon 2020» ist im Vergleich zum vorherigen Programm zurückgegangen. Grund dafür sind die Folgen der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative. Diese Zwischenbilanz zieht das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation.

Der Start des achten EU-Forschungsrahmenprogramms (FRP) «Horizon2020» war eine holprige Angelegenheit für die Schweiz. Aus politischen Gründen in Folge der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) konnte sich die Schweiz nur verspätet, und dann auch nur als Drittstaat an dem FRP beteiligen: Von September 2014 bis Ende 2016 war sie nur «teilassoziiert». Erst ab Januar 2017 erhielt die Schweiz den Status eines vollassoziierten Mitglieds.

Die Periode der Teilassoziierung hat deutliche Spuren in der Beteiligung der Schweiz an Horizon2020 hinterlassen, wie einem Bericht des Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) zu entnehmen ist. Die Zahlen, die eine Zwischenbilanz des noch bis 2020 laufenden Programms darstellen, präsentierte das SBFI am Donnerstag in Bern vor den Medien.

Seit der Vollassoziierung habe sich die Beteiligung der Schweiz an Horizon2020 zwar erholt, sei aber im Vergleich zum vorherigen FRP (2007 bis 2013) zurückgegangen, heisst es in dem Bericht. Im siebten FRP lag die Beteiligung der Schweiz demnach noch bei 3,2 Prozent, bei Horizon2020 bisher bei 2,4 Prozent. Stichtag war der 6. März 2018.

Finanzielles Defizit

Diese 2,4 Prozent entsprechen 1942 Projektbeteiligungen. In 422 davon treten Schweizer Institutionen als Koordinatoren auf, was einem Anteil von 2,6 Prozent entspricht. Auch in dieser Hinsicht schrumpfte die Beteiligung der Schweiz gegenüber dem vorherigen FRP, als der Anteil der Schweiz an den Koordinationen noch bei 3,9 Prozent lag.

Die geringere Beteiligung der Schweiz infolge der Teilassoziierung hat sich auch finanziell niedergeschlagen: Seit Beginn von Horizon2020 bis Ende 2017 hatte die Schweiz insgesamt 724 Franken an Pflichtbeiträgen an die EU gezahlt, aber bis 6. März 2018 flossen nur 645 Millionen Franken an Projektbeteiligte in der Schweiz zurück.

Dieses Defizit von 70 Millionen beruht aber nicht nur darauf, dass weniger Forschende aus der Schweiz als Projektpartner bei Horizon2020-Projekten dabei waren, erklärte Philipp Langer vom SBFI auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Auch Schwankungen des Euro-Franken-Wechselkurses spielten eine Rolle. Die Schweiz habe ihre Pflichtbeiträge an die EU indes erst für die Zeit ab Beginn der Teilassoziierung gezahlt und nur für die Bereiche des Programms, an dem sich die Schweiz beteiligen konnte, präzisierte Langer.

Ob Horizon2020 für die Schweiz am Ende ein finanzielles Verlustgeschäft war, oder ob die eingezahlten Mittel am Ende doch etwa in gleicher Höhe zurückfliessen, lässt sich erst nach Abschluss des FRP berechnen.

Für die bisherigen FRP erzielte die Schweiz hingegen ein Plus, gemäss früheren Berichten des SBFI: So erhielt die Schweiz im siebten FRP 219 Millionen Franken mehr an Fördergeldern zurück als sie an Pflichtbeiträgen an die EU einbezahlt hatte. Beim sechsten FRP (2003 bis 2006) betrug das Plus zugunsten der Schweiz 19,2 Millionen Franken.

Internationaler Wettbewerb

Wesentlich relevanter als ein allfälliger Nettozufluss oder -abfluss von Fördermitteln seien jedoch andere Faktoren, wie das SBFI betont. Gemeint ist zum einen die Möglichkeit für Schweizer Forschende, sich im direkten Wettbewerb um die EU-Fördergelder mit den besten Forschenden weltweit zu messen. Zwar sprang der Bund ein, um die finanzielle Lücke für die Schweizer Forschung zu schliessen. Jedoch konkurrierten um diese Gelder nur Schweizer Forschende - die Auszeichnung, international zu den Besten zu zählen, fehlte.

Zum anderen bieten die Horizon2020-Projekte einen Rahmen für die internationale Zusammenarbeit zwischen Forschenden, aber auch zwischen Forschung und Industrie. Dies auch mit Blick auf eine mögliche Anwendung von Forschungserkenntnissen für marktfähige Produkte.

Immerhin erholt sich die Beteiligung der Schweiz nach der Vollassoziation ab Januar 2017: Eine frühere Zwischenbilanz aus dem Sommer 2015 zeigte nämlich einen Einbruch bei den Projektkoordinationen durch die Schweiz auf nur 0,3 Prozent und bei den Beteiligungen auf 1,8 Prozent.

Hohe Erfolgsquote

Die geringe Beteiligung der Schweiz ging indes nicht auf eine schlechtere Qualität der Projektanträge zurück. Im Gegenteil: Die Erfolgsquote der Schweiz bei den Anträgen liegt über dem europäischen Durchschnitt, ist dem Bericht zu entnehmen. Die Forschungsanträge mit mindestens einem Schweizer Projektpartner haben eine durchschnittliche Erfolgsquote von 15,9 Prozent. Europaweit liegt die Erfolgsquote bei 13,6 Prozent.

Noch besser schneiden Schweizer Institutionen ab, wenn man nur die ERC-Grants (Forschungsstipendien) betrachtet, die Teil von Horizon2020 sind: Hier liegt die Erfolgsquote der Schweiz bei 21,2 Prozent, europaweit nur bei 12,7 Prozent.

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