Häufig locken bunte Figuren, wenn es um Joghurt oder Müslis für Kinder geht - auf Packungen, aber auch in der Reklame auf diversen Kanälen. Die Politik will Werbung strenger regeln - doch wie genau?
Mediziner und Verbraucherschützer fordern umfassende Beschränkungen bei der Werbung für ungesunde Kinder-Lebensmittel. Foto: Henning Kaiser/dpa
Mediziner und Verbraucherschützer fordern umfassende Beschränkungen bei der Werbung für ungesunde Kinder-Lebensmittel. Foto: Henning Kaiser/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • In der Debatte über eine gesündere Ernährung machen Mediziner und Verbraucherschützer Druck für umfassende Beschränkungen der Werbung gezielt an Kinder.

Für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt solle hierfür in Fernsehen, Internet-Streaming und Radio ein Werbeverbot von 6.00 bis 23.00 Uhr kommen, forderten die Verbraucherzentralen, der AOK-Bundesverband und das Wissenschaftsbündnis Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten. Ihm gehören mehrere medizinische Fachgesellschaften an. Von Lebensmittel- und Werbebranche kam Kritik an den Forderungen.

Werbebeschränkungen für alle Kanäle gefordert

Die Leiterin für Verbraucherpolitik beim Verbraucherzentrale Bundesverband, Jutta Gurkmann, sagte: «Um Kinder zu schützen, darf die Politik keine halben Sachen machen.» Werbebeschränkungen müssten für alle Kanäle wie Kino, Zeitschriften oder Social Media gelten. Sonst würde Werbung auf Schlupflöcher verlagert. Für Plakatwerbung für «ungesunde» Produkte solle eine 100-Meter-Bannmeile um Kitas, Schulen und Spielplätze gelten, forderten die Organisationen. Gesunde Lebensmittel, die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erfüllten, sollen von Verboten nicht betroffen sein. In Deutschland seien etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig.

Die Forderungen zielen auf die konkrete Ausgestaltung von Plänen der Bundesregierung zu neuen Werbebeschränkungen. SPD, FDP und Grüne haben im Koalitionsvertrag vereinbart: «An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt darf es in Zukunft bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige nicht mehr geben.» Die Verbraucherorganisation Foodwatch bekräftigte, ein solcher Schutz nur für Kinder bis 13 Jahren reiche nicht. Das Jugendalter von 14 bis 17 sei eine besonders kritische Zeit für die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas. Marketing für Ungesundes, das sich ausschliesslich an Kinder richtet, solle nicht mehr erlaubt sein dürfen - auf keiner Müsli-Verpackung, in keinem Instagram-Post.

Werbewirtschaft zweifelt an Wirkung der Massnahmen

Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft kritisierte, die Initiative wolle den Eindruck erwecken, dass Übergewichtsentwicklung bei Kindern ganz auf dem Faktor Werbung beruhe und diese einfach grossräumig verboten werden müsse. Die Branche bekenne sich zu einer von der Koalition geplanten umfassenden Ernährungsstrategie.

Der Lebensmittelverband Deutschland erklärt, das Problem sei komplex. Die Branche reduziere in vielen Lebensmitteln Zucker, Fett und Salz - da, wo es technologisch und geschmacklich sinnvoll sei. Es gebe auch bereits umfassende Regelungen für Werbung, die sich an Kinder richte. Nötig seien zudem einfache Angebote zur Gesundheitsförderung und Aufklärung über Grundlagen einer ausgewogenen Ernährung.

Renate Künast, Sprecherin für Ernährung und Agrar in der Bundestagsfraktion der Grünen, sagte, Übergewicht betreffe schon die Kleinsten und führe zu erheblichen Folgeerkrankungen. Trotzdem finde sich an Kinder gerichtete Werbung für überzuckerte Cornflakes oder versalzene, fettige Chips täglich und überall. Süssigkeiten und Snacks seien keine Lebens-, sondern Genussmittel. «Für uns sind Werbeeinschränkungen eine wichtige Massnahme, zu der wir verpflichtet sind, um die Gesundheit von Kindern zu schützen.» Auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft könne man sich nicht verlassen.

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