Tritte, Faustschläge, Hiebe mit Fackeln und Trecker-Blockaden: Journalisten werden in Deutschland weiterhin regelmässig Opfer von Aggressionen.
Angriff Journalisten
Der gefährlichste Ort für Medienschaffende waren auch 2023 politische Versammlungen wie Partei-Veranstaltungen, Demonstrationen oder Protestaktionen. - Christoph Soeder/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • In Deutschland sind Angriffe auf Medienschaffende weiterhin ein Thema.
  • Die Organisation «Reporter ohne Grenzen» zählte rund 40 Fälle im Jahr 2023.
  • In den Bundesländern Sachsen und Bayern wurden die meisten Vorfälle dokumentiert.
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Die Zahl der Übergriffe auf Journalisten in Deutschland ist im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. Dennoch besteht nach Einschätzung der Organisation «Reporter ohne Grenzen» (RSF) kein Grund zur Entwarnung. Für 2023 dokumentierte RSF 41 Angriffe auf Medienschaffende. Im Jahr 2022 waren es noch 103 Attacken gewesen. Zum Vergleich: 2019, vor der Covid-Pandemie, waren 13 erfasst worden.

«Während der Pandemie schnellte die Zahl der Übergriffe auf Berichterstattende in die Höhe. Auch unser Rückblick auf das vergangene Jahr zeigt: Diese Tendenz ist noch nicht vollständig zurückgegangen», steht im RSF-Bericht «Nahaufnahme Deutschland». Ein neues aggressives Phänomen seien Trecker-Blockaden gegen deutsche Medienhäuser.

«Immer pressefeindlichere Stimmung» in Deutschland

«In Deutschland hat sich in den letzten Jahren eine immer pressefeindlichere Stimmung ausgebreitet», ist das Fazit der Menschenrechtsorganisation. «Im vergangenen Jahr wurden Reporter wieder verprügelt, ihre Ausrüstung wurde zerstört und ihnen wurde im Internet massiv gedroht.» Auch das neue Jahr habe nicht gut begonnen: am Rande einer Demonstration in Leipzig sei ein Journalist Opfer einer brutalen Körperverletzung geworden.

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In vielen Teilen der Bevölkerung herrscht eine regelrechte Aggression gegenüber der deutschen Medienlandschaft. (Archivbild) - keystone

«Zudem beobachten wir eine gefährliche neue Art der Aggression: Landwirte haben kürzlich mit Trecker-Blockaden und Misthaufen die Auslieferung von Zeitungen in mehreren Bundesländern verhindert», erläutert RSF-Vorstandsmitglied Michael Rediske.

Angriffe gegen die Pressefreiheit

«Das zeigt, dass die Freiheit, unabhängig zu berichten, hierzulande nicht nur durch Übergriffe gegen einzelne Medienschaffende bedroht ist. Unzufriedenheit mit einer angeblich zu geringen Berichterstattung über Bauernproteste reicht offenbar aus, um bei Angriffen gegen die Pressefreiheit die Hemmschwelle weiter zu senken.»

Reporter ohne Grenzen erfasste auch, auf welche Weise Journalisten misshandelt wurden: «Am häufigsten waren im Jahr 2023 Tritte und Faustschläge oder Schläge mit Gegenständen wie Fackeln oder Trommel-Schlegeln. Als Angriff gewertet wurden diese, sofern sie Körper oder Ausrüstung von Journalistinnen und Journalisten tatsächlich getroffen haben. Medienschaffenden wurde auch Ausrüstung entrissen, sie wurden zu Boden gerissen, mit Sand und Steinen beworfen oder in einem Fall mit Fäkalien beschmiert.»

Besonders viele Vorfälle in Sachsen

Die meisten der 41 für das Jahr 2023 verifizierten Angriffe – zwei Hacker-Angriffe können nicht geografisch zugeordnet werden – ereigneten sich in Sachsen (12), gefolgt von Bayern (6), Berlin (5), Nordrhein-Westfalen (5), Niedersachsen (4), Hamburg (2), Hessen (2), Rheinland-Pfalz (1), Thüringen (1) und Schleswig-Holstein (1).

Der gefährlichste Ort für Medienschaffende waren auch 2023 politische Versammlungen wie Partei-Veranstaltungen, Demonstrationen oder Protestaktionen. Hier wurden 32 der 41 Fälle gezählt. Besonders pressefeindlich ging es erneut bei der Berichterstattung im Umfeld von verschwörungsideologischen oder rechtsextremen Versammlungen zu: Hier fand 2023 mit 18 Fällen ein Grossteil der Angriffe statt, wie RSF dokumentierte.

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