Der berüchtigte «Dschungel von Calais» wurde vor einem Jahr geräumt. Nach wie vor stranden dort aber Migranten, die nach Grossbritannien wollen.
Vor einem Jahr wurde das Flüchtlingslager in Calais geräumt.
Vor einem Jahr wurde das Flüchtlingslager in Calais geräumt. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Rund 700 Migranten wollen von Calais (FRA) nach Grossbritannien gelangen.
  • Vor einem Jahr waren es noch 8000 Flüchtlinge, die sich im Camp niederliessen.

Am kommenden Dienstag ist es genau ein Jahr her, dass Frankreich den berüchtigten «Dschungel von Calais» räumte, das slumartige Flüchtlingscamp, in dem tausende Migranten hausten. Seitdem tun die Behörden alles, um die Entstehung neuer Elendslager zu verhindern.

Präfekt Fabien Sudry zeichnet kurz vor dem Jahrestag eine positive Bilanz: Der «Migrationsdruck» in Calais habe abgenommen, sagte der Beamte der Regionalzeitung «La Voix du Nord». Im «Dschungel» hausten zeitweise 8000 Migranten. Heute halten sich deutlich weniger rund um Calais auf: etwa 500, schätzt der Staat, 700 die Hilfsorganisationen.

«Die Polizei hat nur zwei Ziele», sagt Loan Torendel, Mitarbeiter der Hilfsorganisation L'Auberge des Migrants. «Erstens: Die Leute zu stoppen, die versuchen, über die Grenze zu kommen. Zweitens: Die Lebensbedingungen in Calais sehr hart zu machen.» Er erzählt, dass die Beamten Schlafsäcke wegnähmen, Tränengas einsetzten und Migranten nachts aufweckten. Ähnliche Klagen von Migranten hatte auch die Organisation Human Rights Watch vor einigen Monaten aufgegriffen - die Behörden wiesen die Anschuldigungen damals zurück.

Asylrecht Grossbritannien
Hunderte Flüchtlinge wollen von Calais aus nach Grossbritannien. (Archivbild) - Keystone

Die Bürgermeisterin von Calais hat einen anderen Blick auf die Situation. Die Räumung sei «eine Erleichterung für die ganze Bevölkerung» gewesen, sagt die Konservative Natacha Bouchart. Trotzdem sei man «in ständigem Alarmzustand». Ihr Büro hat ein dickes Dossier erstellt mit Beschwerden von Bürgern aus den vergangenen Wochen: Sie klagen über Migranten, die sich in der Öffentlichkeit an einem Kanal gewaschen hätten, über Schäden an Autos oder dass Gemüse aus dem Garten gepflückt werde.

Zweimal pro Woche fahren Busse in Aufnahmezentren - doch die meisten Migranten nutzen das Angebot nicht. «Sie sind nicht die Antwort auf die Situation in Calais», meint Loan Torendel. «Den Leuten hier geht es nicht darum, Asyl in Frankreich zu finden.» Die Situation könnte auch politisch wieder an Brisanz gewinnen - denn Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte im Sommer versprochen, dass bis Ende des Jahres kein Migrant in Frankreich mehr auf der Strasse leben soll.

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