Im einzigen TV-Duell vor Frankreichs Präsidentschaftswahl haben Amtsinhaber Macron und seine rechte Konkurrentin Le Pen um die besten Konzepte gerungen. Offener Streit blieb aus, harte Vorwürfe nicht.
Emmanuel Macron (l) und Marine Le Pen vor der TV-Debatte.
Emmanuel Macron (l) und Marine Le Pen vor der TV-Debatte. - Ludovic Marin/Pool AFP/AP/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vier Tage vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich haben sich Staatschef Emmanuel Macron und seine Herausforderin Marine Le Pen in einem TV-Duell einen harten Schlagabtausch geliefert.

Beide Kandidaten waren dabei am Mittwochabend um eine sachliche Debatte bemüht, im Verlauf des über zweieinhalbstündigen Duells nahmen gegenseitige Angriffe dann aber zu. Die rechte Le Pen, die immer wieder strahlend lächelte, stellte sich als Anwältin der einfachen Franzosen dar und war um einen sympathischen Auftritt bemüht. Der Mitte-Politiker Macron, der sich um eine zweite Amtszeit bewirbt, war oft der aktivere in der Debatte und räumte auch Fehler und Versäumnisse in der zurückliegenden Amtszeit ein.

Inflation ist Kernthema

Bei der Kaufkraft - einer permanenten Sorge der Franzosen und dem Schlüsselthema im Wahlkampf - legten Macron und Le Pen konträre Konzepte vor. Zum Auftakt der mit Spannung erwarteten einzigen Fernsehdebatte stellte Macron Erhöhungen der Rente und des Mindestlohns sowie ein Festhalten an der Deckelung der Preise von Gas und Strom in Aussicht. Ausserdem gelte es, die Arbeitslosigkeit weiter zu senken, ein eigener Lohn sei die beste Stärkung der Kaufkraft. Le Pen schlug das Senken der Mehrwertsteuer auf Energie sowie einen Wegfall der Steuern auf 100 Grundprodukte des täglichen Bedarfs vor.

Beim Streitthema Rente, um das in Frankreich immer wieder gerungen wird, pochte Le Pen auf einen Renteneintritt mit 60 bis 62 Jahren. Wer bereits mit 16 bis 20 Jahren in den Beruf einsteige, solle mit 60 Jahren in Rente gehen können, die übrigen Beschäftigten wie bisher üblich mit 62 Jahren. «Die Rente mit 65 Jahren ist eine absolute Ungerechtigkeit», meinte Le Pen zu Macrons Plan eines höheren Renteneintrittsalters. Macron betonte, eine Rente ab 65 Jahren solle nicht für alle Beschäftigten gelten, ausgenommen seien etwa Menschen in besonders anstrengenden Berufen. Angesichts einer gestiegenen Lebenserwartung müsse das Rentensystem gegenfinanziert werden.

Macron warf seiner rechten Widersacherin vor, sich von Russland abhängig gemacht zu machen. «Sie hängen von der russischen Macht und sie hängen von Herrn Putin ab. Sie reden nicht mit anderen Führungspersönlichkeiten, sie reden mit ihrem Bankier, wenn sie von Russland reden», warf Macron Le Pen an den Kopf. Macron bezog sich dabei auf einen Kredit, den Le Pen 2014 von einer tschechisch-russischen Bank aufnahm. Le Pen verteidigte sich damit, dass französische Banken ihr eine solche Finanzhilfe nicht genehmigen wollten. «Finden Sie das nicht skandalös?», entgegnete Le Pen und sprach von einem demokratischen Defizit der Banken.

Macron lobt deutsch-französische Zusammenarbeit

Macron betonte die Verankerung Frankreichs in der Europäischen Union und legte ein Bekenntnis zur deutsch-französischen Kooperation ab. «Ich glaube an Europa und ich glaube an das französisch-deutsche Paar.» Die deutsch-französische Zusammenarbeit habe es ermöglicht, Abkommen zu erreichen. «Um Europa voranzubringen, braucht es ein französisch-deutsches Paar.»

Macron warf Le Pen vor, wie bei ihrer Präsidentschaftskandidatur 2017 aus der EU austreten zu wollen. «Sie wollen immer noch aussteigen, denn sie haben das Programm nicht sehr geändert, aber sie sagen es nicht.» Le Pen konterte, würde sie aussteigen wollen, würde sie es sagen. «Ich möchte in der Europäischen Union bleiben.» Allerdings wolle sie die EU verändern. Sie setzt sich unter anderem dafür ein, dass französisches Recht Vorrecht vor EU-Recht haben soll.

Uneinig waren sich die beiden Kontrahenten auch beim Thema Unabhängigkeit. «Unsere Souveränität ist national und europäisch», sagte Macron. Le Pen erwiderte: «Es gibt keine europäische Souveränität, weil es kein europäisches Volk gibt.»

Le Pen spricht von «bestrafender Ökologie»

Streit gab es bei den Themen Umweltschutz und Energieversorgung. «Ihr Programm hat weder Hand noch Fuss», meinte Macron zu Le Pen, die er als Klimaskeptikerin bezeichnete. Le Pen wiederum warf dem Präsidenten eine «bestrafende Ökologie» vor, die das Leben einfacher Menschen einschränke. Während Macron sich für den parallelen Ausbau erneuerbarer Energien und der Atomkraft aussprach, bezeichnete Le Pen die Windkraft als «ökologischen und ökonomischen Unsinn».

Le Pen sprach sich ausserdem gegen einen Importstopp für Gas aus Russland aus. Weil dies den Franzosen wehtun würde, befürworte sie eine solche Sanktion nicht, so Le Pen. Sie sagte zudem, dass die Bemühungen von Staatschef Macron ansonsten aufrechterhalten werden sollten. Dazu zählte sie etwa humanitäre und finanzielle Hilfe für die Ukraine sowie Unterstützung im Bereich Verteidigung.

Macron hingegen forderte, unabhängig von russischem Öl und Gas zu werden. Die aktuelle Hilfe Frankreichs für die Ukraine wolle er noch verstärken. Ausgehend vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine stürzte Macron sich in der Debatte auf Le Pens Russlandnähe. Er legte ihr unter anderem zu Last, die Annexion der Schwarzmeerinsel Krim durch Russland 2014 anerkannt zu haben.

Umfrage zeigt Macron als Duell-Sieger

Bereits vor der Präsidentschaftswahl 2017 hatten Macron und Le Pen sich in einem TV-Duell gegenüber gesessen, dabei war die Diskussion von Beschimpfungen und persönlichen Angriffen geprägt gewesen. Nun zeigte Macron sich als Zuhörer, der seiner Kontrahentin bei einigen Feststellungen Recht gab - um sich aber im Anschluss zu bemühen, deren Schlussfolgerungen oder Forderungen zu widerlegen. Le Pen konzentrierte sich ebenfalls auf die Aussagen ihres Gegners und versuchte etliche Darstellungen des Präsidenten zu entkräften.

Einer Umfrage zufolge ist Macron als Sieger aus der TV-Debatte mit seiner rechten Kontrahentin Marine Le Pen hervorgegangen. Etwa zwei von drei Zuschauern gaben in der Befragung des Instituts Elabe am Mittwochabend an, der liberale Staatschef sei überzeugender gewesen. Insgesamt wurden dafür nach Schluss der mehr als zweieinhalbstündigen Debatte 650 Menschen befragt, die das Duell verfolgt hatten.

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