Thyssenkrupp trennt sich von Vorstandschef Kerkhoff

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Deutschland,

Beim schlingernden Industriekonzern Thyssenkrupp wechselt Aufsichtsratschefin Martina Merz auf den Posten der Vorstandsvorsitzenden. Sie übernimmt eine schwierige Mission mit zeitlicher Begrenzung.

Der bisherige Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff. Foto: Rolf Vennenbernd
Der bisherige Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff. Foto: Rolf Vennenbernd - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der angeschlagene Stahl- und Industriekonzern Thyssenkrupp bekommt die dritte Führungsspitze innerhalb von nur 15 Monaten.

Von diesem Dienstag an wird Martina Merz das Ruder bei dem Essener Traditionsunternehmen übernehmen.

Die Ingenieurin, die lange für Bosch gearbeitet hat und seit ein paar Jahren hauptberufliche Aufsichtsrätin ist, löst den bisherigen Vorstandsvorsitzenden Guido Kerkhoff ab. Das habe der Aufsichtsrat einstimmig beschlossen, teilte Thyssenkrupp am Montag mit.

Die Entscheidung war bereits am vergangenen Freitag gefallen, wurde aber erst jetzt mitgeteilt. Mit Kerkhoff habe sich der Aufsichtsrat auf eine einvernehmliche Auflösung seines Vertrags geeinigt. Der Manager war zunehmend ins Kreuzfeuer von Investoren und der IG Metall geraten. Sie warfen ihm fehlende Konsequenz und Erfolglosigkeit bei der Sanierung des Industrieriesen vor.

Der Wechsel von Kerkhoff zu Merz ist nicht alltäglich, denn die 56-Jährige war bisher Aufsichtsratsvorsitzende von Thyssenkrupp und damit die Chefkontrolleurin der Vorstandschefs. Sie soll auch nur eine Übergangslösung an der Spitze des Konzerns sein. Nach maximal zwölf Monaten soll Merz in das Aufsichtsratsgremium zurückkehren und Platz für die oder den nächsten CEO machen. Bis dahin wird der frühere Siemens-Manager Siegfried Russwurm den Aufsichtsrat leiten.

An dem von Kerkhoff zuletzt verfolgten Umbau des unübersichtlichen Konzerns mit seinem 160 000 Mitarbeitern in eine schlanke Holding mit eigenständigeren Sparten will Merz festhalten. «Im neuen Vorstandsteam werden wir mit der erforderlichen Konsequenz die strukturellen Entscheidungen treffen, die jetzt anstehen», kündigte sie an. Es gehe darum, «Thyssenkrupp so aufzustellen, dass wir im Ergebnis besser werden». Nur wenn das gelinge, «können wir das Vertrauen in Thyssenkrupp wieder stärken».

Die Krupp-Stiftung, mit 21 Prozent grösster Anteilseigner des Konzerns, begrüsste die Ablösung von Kerkhoff durch Merz. Der Schritt sei richtig, damit die «dringend notwendige Neuausrichtung jetzt zügig verfolgt und umgesetzt werden kann». Die Stiftung stehe fest an der Seite des Managements und der Mitarbeiter und sei «nach wie vor vom Potenzial des Unternehmens überzeugt».

Kerkhoff hatte erst im Juli vergangenen Jahres das Ruder bei Thyssenkrupp übernommen, nachdem der langjährige Vorstandschef Heinrich Hiesinger entnervt über Querschüsse von Investoren das Handtuch geworfen hatte. Der 51-Jährige, der zuvor schon sieben Jahre Finanzchef der Essener gewesen war, wurde zunächst zum Übergangschef berufen. Nach längerer Suche bekam Kerkhoff schliesslich einen Vertrag bis 2023. Es sei für ihn selbstverständlich gewesen, «in einer besonders schwierigen Zeit Verantwortung für das Unternehmen zu übernehmen», sagte er zum Abschied.

Seit Kerkhoffs Amtsantritt ging es bei den Essenern drunter und drüber. Die zunächst mit Vorschusslorbeeren bedachte Aufspaltung des Konzerns in zwei eigenständige Unternehmen für Werkstoffe und Industriegüter erwies sich als nicht finanzierbar. Nach dem Nein der EU-Kommission zur Stahlfusion mit dem Konkurrenten Tata Steel sagte Kerkhoff die Aufspaltung ab. Stattdessen wollte er den Konzern radikal umbauen und dabei 6000 Stellen streichen. Der Börsengang der profitablen Aufzugssparte sollte Geld in die leeren Konzernkassen spülen. Sichtbarstes Zeichen der Misere bei Thyssenkrupp war vor gut einer Woche der Abstieg des Konzerns aus dem Dax.

Der Streit um die Zukunft der Aufzugssparte könnte schliesslich die Trennung von Kerkhoff besiegelt haben. Der Manager favorisierte ein Teil-Börsengang oder Teil-Verkauf des Aufzugsgeschäfts. Kerkhoff musste immer wieder lesen, der an Thyssenkrupp mit 18 Prozent beteiligte schwedische Finanzinvestor Cevian verlange einen Komplettverkauf und eine milliardenschwere Sonderausschüttung aus den Erträgen. Von Merz war zu dem Thema bisher nichts zu hören.

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