Sarajevo heisst Rabbiner-Konferenz nicht willkommen
Wegen eines Boykottaufrufs des bosnischen Ministers Adnan Delic hat die Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) ihre geplante Sitzung in Sarajevo abgesagt.

Die Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) hat die nächste Woche geplante Sitzung ihres Ständigen Ausschusses in Sarajevo kurzfristig abgesagt. Grund dafür seien der Blockadeaufruf des bosnischen Föderationsministers Adnan Delic und die dadurch ausgelöste Absage des Veranstaltungshotels an die Konferenz, teilte CER-Präsident, Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, am Sitz der Organisation in München mit.
Delic hatte in einem Facebook-Posting Israels Krieg im Gazastreifen angeprangert und gefordert, dass Sarajevo «kein Schauplatz für die Unterstützung von Völkermord» werden dürfe.
«Man hat uns nicht willkommen geheissen und dieser ministerielle Boykott in letzter Minute gegen jüdische Bürger Europas, die sich ausschliesslich der Förderung des jüdischen Lebens in Europa und der Förderung des Dialogs (...) verschrieben haben, ist eine Schande», schrieb Goldschmidt in einer Presseerklärung. Er dankte der Stadt München, dass sie kurzfristig als Veranstaltungsort für die vom 16. bis 18. Juni geplante Sitzung einspringt.
Bosnien war von 1992 bis 1995 Opfer eines serbischen Angriffskrieges mit fast 100'000 Toten und zwei Millionen Vertriebenen. Sarajevo wurde mehr als drei Jahre lang von serbischen Truppen belagert, 11'000 Bürger kamen ums Leben. Heute leben in dem Land mehrheitlich muslimische Bosniaken, orthodoxe Serben und katholische Kroaten.
Kein Verständnis für Israels Kriegsführung
Vor allem die bosniakische Bevölkerung empfindet Solidarität mit den Palästinensern im Gazastreifen und lehnt die Kriegsführung Israels in dem Küstengebiet ab – auch wenn Israels Vorgehen ursprünglich mit dem beispiellosen Massaker der islamistischen Hamas und ihrer Verbündeten am 7. Oktober 2023 im Süden Israels begründet war.
Delic, Arbeitsminister des bosniakisch-kroatischen Landesteils FBiH (Föderation Bosnien-Herzegowina), schrieb in seinem Facebook-Beitrag, dass die Rabbiner-Konferenz Sarajevo als einen Ort missbraucht hätte, «um eine Botschaft der Legitimation der Okkupation und systematischen Vernichtung des palästinensischen Volkes auszusenden».
CER-Präsident Goldschmidt wies dies zurück und betonte, dass die Veranstaltungen der Rabbiner-Konferenz den Dialog fördern würden. Die Absage sei «ein Verlust für Sarajevo».
Die CER hat nach eigenen Angaben rund 1000 Mitglieder und 800 aktive Rabbiner in ihren Reihen. Sie tritt für die religiösen Rechte der Juden in Europa ein und engagiert sich für Religionsfreiheit und den interreligiösen Dialog mit anderen Glaubensrichtungen.