Russen jagen Drahtzieher – in Ukraine ist er nicht sicher

Stephan Felder
Stephan Felder

Ukraine,

Getarnt als Unternehmer schmuggelt Artem Tymofieiev Drohnen nach Russland – und zündet den grössten Schlag gegen Putins Bomber seit Kriegsbeginn.

Artem Tymofieiev
Artem Tymofieiev (r.) war offenbar für die ukrainische Geheimdienstoperation verantwortlich. - mash.ru

Das Wichtigste in Kürze

  • SBU-Agent Artem Tymofieiev baut heimlich eine Drohnenbasis mitten in Russland auf.
  • Von LKWs nahe der Stützpunkte starten auf sein Kommando 117 Drohnen zeitgleich.
  • Kiew meldet: 34  Prozent der russischen Bomber zerstört – Fahndung nach Tymofieiev läuft.

In Sachen Spionage gehört Artem Tymofieiev zweifellos in die oberste Liga. Jetzt wird er gejagt: Der ukrainische Geheimagent ist derzeit Ziel einer landesweiten Fahndung in Russland – sein Aufenthaltsort bleibt unbekannt.

Tymofieiev gilt als Drahtzieher hinter einer der kühnsten und am präzisesten durchgeführten Militäraktionen der modernen Geschichte: der «Operation Spinnennetz».

Ukrainische Drohnen schlagen tief in Russland zu

Am Sonntagnachmittag gelingt es dem ukrainischen Geheimdienst SBU, vier russische Luftwaffenstützpunkte zu treffen. Mit Schwärmen von Kamikaze-Drohnen. Tausende Kilometer hinter der Frontlinie.

Flugzeug explodiert Drohnenangriff Russland
Ein Foto eines Videos vom ukrainischen Drohnenangriff am Sonntag, veröffentlicht von einer Quelle im Ukrainischen Sicherheitsdienst. - keystone

Ziel sind strategische Bomberbasen, von denen aus Russland seit Beginn des Krieges seine Langstreckenangriffe fliegt.

Bist du von der Militäroperation der Ukraine beeindruckt?

Die Bilanz fällt verheerend aus: Kiew meldet die Zerstörung von 34 Prozent der russischen schweren Bomberflotte. Ein Schaden von umgerechnet rund sieben Milliarden Franken.

Handyaufnahmen, Drohnen-Videos und Satellitenbilder bestätigen den massiven Schlag. Russische Militärblogger ziehen bereits Parallelen zum japanischen Überraschungsangriff auf Pearl Harbor 1941.

Aber wie ist eine derart ausgeklügelte Operation überhaupt möglich?

Spionage, Schmuggel und ein riskanter Plan

Seit dem Beginn der Invasion im Februar 2022 bombardieren russische Bomber ukrainische Städte. Meist mit weitreichenden Marschflugkörpern aus sicherer Distanz.

Um sie zu schützen, verlegt Moskau diese Bomber an entlegene Orte wie Sibirien und den arktischen Norden. Bis Präsident Selenskyj vor 18 Monaten dem SBU den Auftrag erteilt: «Bringt den Krieg zu ihren Bombern.»

Was dann folgt, klingt wie aus einem Thriller: Drohnen sollen im Inneren Russlands in der Nähe der Luftwaffenbasen aufgestellt werden – versteckt in unscheinbaren Lastwagen.

Die Idee: Die Drohnen starten direkt von der Ladefläche, nur wenige hundert Meter von den Zielen entfernt.

Tscheljabinsk: Die Zentrale des «Spinnennetzes»

Als logistische Drehscheibe für die «Operation Spinnennetz» nutzt die SBU die Stadt Tscheljabinsk, 1000 Kilometer östlich von Moskau. Laut russischen Bloggern mietet der Geheimdienst dort ein Lagerhaus, in dem die Drohnen zusammengebaut und in Lastwagen verladen werden.

Die Spur führt zu Artem Tymofieiev, einem Ukrainer, der laut russischen Quellen vor Jahren als Unternehmer nach Tscheljabinsk zieht. Freunde berichten, er macht nie ein Geheimnis aus seiner pro-ukrainischen Haltung. Jetzt gilt er als Hauptverdächtiger.

Drohnen in «Holzhäusern» versteckt

Mindestens vier russische Lastwagenfahrer transportieren – offenbar unwissentlich – mobile Holzhäuser durch Russland. Versteckt unter deren Dächern: Kamikaze-Drohnen.

Drohnen
In solchen Holzhäusern sollen die Drohnen versteckt worden sein. - X / @maria_drutska

Die Fahrer bekommen von einem «Artem» den Auftrag und werden über Mobiltelefone zu Rastplätzen in der Nähe der Luftwaffenbasen dirigiert.

Am Sonntag ist es so weit – passenderweise am «Tag der Militärluftfahrt» in Russland. Kaum haben die LKWs ihre Zielorte erreicht, öffnen sich die Trailerdächer ferngesteuert. Insgesamt 117 Drohnen starten zeitgleich in Richtung der Bomber.

Angriff trifft Russland völlig unvorbereitet

Getroffen werden die Stützpunkte Belaja in Sibirien, Olenja im arktischen Murmansk, Diaghilew bei Rjasan und ein weiterer nahe Iwanowo.

Augenzeugen filmen, wie die Drohnen direkt von den LKWs starten. Eine davon soll gar eine russische A-50-Aufklärungsmaschine zerstört haben – ein Modell, von dem Russland weniger als zehn besitzt.

Wird Russland Artem Tymofieiev schnappen?

Die SBU gibt an, alle 117 Drohnen seien von 117 Piloten gleichzeitig gesteuert worden. Mutmasslich über das russische Mobilfunknetz, mit lokalen SIM-Karten oder Modems.

Zerstörung gewaltig – Russland geschockt

Erste Satellitenbilder zeigen, dass allein in Belaja sechs TU-22-Bomber und mindestens ein TU-95 schwer beschädigt werden. Insgesamt sollen 41 Flugzeuge zerstört worden sein.

«Wir treffen sie auf See, in der Luft, und am Boden», verkündet die SBU nach dem Erfolg.

Und was passiert mit Tymofieiev? Laut Angaben aus Kiew sind alle Beteiligten «längst wieder in der Ukraine». Die Operation gilt als voller Erfolg – und als bisher spektakulärster Coup der ukrainischen Geheimdienste im Krieg gegen Russland.

Knast oder Hinrichtung?

Für Osteuropa-Experte Ulrich Schmid von der Hochschule St. Gallen erscheinen die geschilderten Abläufe «plausibel».

Es gibt inzwischen weitere Indizien: «Mittlerweile wurden die russischen Lastwagenfahrer einvernommen, die unwissend die Drohnen transportiert haben.» Zudem hätten Journalisten Tymofieievs verlassene Wohnung in Tscheljabinsk ausfindig gemacht.

In Sicherheit wiegend sollte sich Tymofieiev aber auch in der Ukraine nicht. «Der russische Geheimdienst ist berüchtigt für Racheaktionen und Hinrichtungen im Ausland», sagt Schmid.

Bei einer Verhaftung würde er wohl wegen Terrorismus vor Gericht gestellt. «Darauf stehen bis zu zwanzig Jahre Haft

Kommentare

ChanLee

alles lange top geheim,nun fotos von einem,ihr bringt leute täglich zum lachen

User #6420 (nicht angemeldet)

Entweder ist das eine schlechte Story oder er war ein schlechter Geheimagent. Aber normal erfährt man nichts über solche Personen.

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