Wer wird der Nachfolger des Bundestagspräsidenten Schäuble? Die SPD hat gute Karten, doch steht unter Druck, hat sie doch bisher keine Frau nominieren können.
Wolfgang Schäuble Bundestagswahl
Wolfgang Schäuble (CDU) tritt als Bundestagspräsident ab. (Archivbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundestagspräsident Schäuble (CDU) muss seinen Posten abtreten
  • Nun sind die Sozialdemokraten am Zug, die jedoch ein Personalproblem hat.
  • Nicht eine einzige Frau konnte die Partei bisher für den Posten nominieren.

In Deutschland steht nach der Bundestagswahl vom September die Besetzung des ersten politischen Spitzenpostens an. Am nächsten Dienstag wählt der neue Bundestag bei seiner Konstituierung den Parlamentspräsidenten. Um die Besetzung gibt es Kontroversen.

Es geht um die Nachfolge von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU). Er kann den Vorsitz im Hohen Hause nach der Wahlschlappe der Christdemokraten nicht weiter ausüben.

Dieser steht traditionell der stärksten Fraktion zu, das wären nun die Sozialdemokraten. Letztere geraten nun unter Druck, dafür eine Frau zu nominieren.

Alle Verfassungsorgane des Bundes bald männlich?

Entsprechend äusserte sich die Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, Beate von Miquel. Sie sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: «Es ist unglaubwürdig, dass ausgerechnet die Partei, die in ihrem Wahlprogramm ein ‹Jahrzehnt der Gleichstellung› einfordert, jetzt offenbar überwiegend Männer in die höchsten Staatsämter schicken will.»

Ähnlich hatte sich am Montag bereits die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen geäussert. Zuvor hatte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans den bisherigen Chef der Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, für das Amt ins Spiel gebracht.

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Rolf Mützenich, Fraktionschef der SPD (Archivbild) - Keystone

Damit wären jedoch mit dem möglichen Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht nur die ranghöchsten Polit-Posten allesamt mit Männern besetzt. Mit dem Bundesratspräsidenten und dem Präsidenten des Verfassungsgerichts wären alle Verfassungsorgane des Bundes männlich geführt.

Von Miquel verlangte: «Mit Blick auf eine männliche Doppelspitze in Kanzler- und Bundespräsidialamt sollte die SPD dringend eine Frau für das Amt der Bundestagspräsidentin und eine weitere für den Fraktionsvorsitz nominieren, um Parität zu wahren.»

Hohe Frauenquote – dennoch Personalproblem

Die Zeit drängt, aber die Sozialdemokraten haben ein Personalproblem. Unter den erfahrenen Fraktionsmitgliedern drängt sich keine Frau für den Posten auf. Zwar hat die SPD-Fraktion mit 42 Prozent eine vergleichsweise hohe Frauenquote. Viele der Parlamentarierinnen sind aber noch jung oder gar gerade erst ins Parlament eingezogen.

Findet die SPD keine weibliche Bundestagspräsidentin könnte sich das auf die Besetzung der anderen Verfassungsorgane auswirken. So auch auf die Koalitionsverhandlungen. Schon länger wird spekuliert, Steinmeier müsste dann womöglich auf eine zweite Amtszeit als Bundespräsident verzichten.

Katrin Göring-Eckardt
Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, spricht im Bundestag. (Archivbild)) - DPA

Ins höchste Staatsamt könnte im kommenden Frühjahr etwa die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt gewählt werden. Das wiederum könnte Auswirkungen auf die Ansprüche der Grünen bei der Verteilung der Ministerien in den Koalitionsverhandlungen haben.

SPD, Grüne und Liberale (FDP) hatten sich nach gemeinsamen Sondierungen Ende voriger Woche geeinigt, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Diese sollen nach Aussage von Grünen-Chefin Annalena Baerbock «zum Ende der Woche» beginnen. Die Wahl des Bundeskanzlers durch den Bundestag und die Vereidigung der neuen Regierung sollen in jedem Fall vor Weihnachten abgeschlossen werden.

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