Die neue EU-Datenschutzverordnung sorgt für Unsicherheiten: Dürfen Vermieter die Namen der Anwohner an die Klingelschilder anbringen?
Klingelschilder eines Mehrfamilienhauses in Zürich. (Symbolbild)
Klingelschilder eines Mehrfamilienhauses in Zürich. (Symbolbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Datenschutzklage aus Wien sorgt für Unsicherheit in Deutschland.
  • Die Bundesregierung weist die Bedenken bei Klingelschildern mit Namen zurück.

Die Bundesregierung hat Datenschutzbedenken bei Namen an Klingelschildern zurückgewiesen. «Die Aufforderung zur Entfernung sämtlicher Klingelschilder ist unnötig», erklärte die Datenschutzbeauftragte Andrea Vosshoff heute Donnerstag. Ähnlich äusserten sich Grüne und SPD. Der Eigentümerverband Haus & Grund hatte eine Klarstellung des Bundes gefordert, nachdem ein Fall aus Wien für Aufregung gesorgt hatte. Dort müssen nach einer Mieterbeschwerde an den Klingelschildern städtischer Wohnungen die Namensschilder entfernt werden.

Das Ausstatten von Klingelschildern mit Namen sei «weder eine automatisierte Verarbeitung noch eine tatsächliche oder beabsichtigte Speicherung in Dateisystemen», stellte Vosshoff klar. Deshalb falle es in der Regel gar nicht in den Anwendungsbereich der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). In besonderen Fällen käme für Mieter ein «Widerspruchsrecht» in Betracht. Vosshoff mahnte vor diesem Hintergrund, Vermietervereinigungen müssten sich die Rechtslage anschauen, bevor sie Empfehlungen herausgäben.

Nummern statt Namen

In Wien hatte sich ein Mieter bei seinem Vermieter über den Namen an seinem Klingelschild beschwert und sich auf die DSGVO berufen. Er bekam Recht, woraufhin nun an allen 2000 sogenannten Gemeindebauten in der österreichischen Hauptstadt die Namen der Mieter durch Nummern ersetzt werden sollen. Betroffen sind über 200'000 Wohnungen. Wer seinen Namen weiter auf dem Klingelschild lesen will, müsste ihn künftig selbst anbringen.

Haus & Grund forderte daher heute Donnerstag eine Klarstellung, «dass Namen an Klingelschildern und Briefkästen weiterhin genannt werden dürfen». Es dürfe nicht sein, dass Vermietern andernfalls hohe Bussgelder drohten, sagte Verbandspräsident Kai Warnecke. Seit Geltung der DSGVO seien die Bussgeldandrohungen für Verstösse gegen den Datenschutz extrem gestiegen.

Viel Wirbel um neue EU-Datenschutzregeln

Die neuen Datenschutzregeln der EU waren am 25. Mai endgültig in Kraft getreten. Sie machen Unternehmen und Organisationen europaweit gültige Vorgaben für die Speicherung von Daten. Kleinere Betriebe, Vereine und Ehrenamtliche meldeten dabei immer wieder Sorgen vor missbräuchlichen Abmahnungen an.

Die Grünen erklärten ebenfalls, die «ganz überwiegende Mehrzahl der normalen, analogen Klingelschilder» sei von der DSGVO «nicht betroffen». Die Behauptung, die Datenschutzgrundverordnung würde Mieter dazu zwingen, ihre Klingelschilder abzumontieren, entbehre deshalb «jeder Grundlage», erklärte Fraktionsvize Konstantin von Notz. Wer von sich aus keine namentliche Veröffentlichung wolle, könne dem Anbringen des Namens «selbstverständlich widersprechen».

Ebenso wie die Grünen warnte auch die SPD vor einer Verunsicherung der Bürger. «Jeder kann selbst entscheiden, was an der Haustür steht», erklärte die SPD-Digitalexpertin Saskia Esken. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW warnte ebenfalls vor einer «überzogenen Panikmache». Schon früher sei das Klingelschild mit dem Namen des Mieters eine «grundsätzlich rechtmässige Verbreitung von Daten» gewesen, erklärte der Verband. Daran habe sich mit der Neufassung der Verordnung nichts geändert.

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