In Stuttgart beginnt das erste Verfahren gegen die mutmasslichen Verschwörer rund um Prinz Reuss. Es ist einer der grössten Terror-Prozesse in Deutschland.
Reichsbürger
Nach dem geplanten Umsturz der Bundesregierung hätte Heinrich XIII. Prinz Reuss als Oberhaupt einer neuen Staatsform fungieren sollen. - Boris Roessler/dpa

Es geht um Terrorismus, Hochverrat und um juristisch einzigartige Verfahren: Neun mutmassliche «Reichsbürger» der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuss müssen sich ab heute vor dem Oberlandesgericht Stuttgart (D) verantworten. Ihnen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen und die sogenannte «Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens».

Einer der Angeklagten steht zudem wegen versuchten Mordes vor Gericht – es handelt sich um den Mann, der im März 2023 bei der Durchsuchung seiner Wohnung in Reutlingen mehrfach mit einem Gewehr auf Polizisten eines Spezialeinsatz­kommandos geschossen und dabei Beamte verletzt haben soll. Es ist der erste von drei Mammutprozessen gegen die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuss, die nach einer grossangelegten Anti-Terror-Razzia in mehreren deutschen Bundesländern und im Ausland kurz nach dem Nikolaustag 2022 bekannt geworden war.

Gewaltsamer Umsturz der Bundesregierung geplant

Die insgesamt 27 Verdächtigen sollen einen gewaltsamen Umsturz der deutschen Bundesregierung geplant haben – dabei nahmen sie der Anklage zufolge bewusst Tote in Kauf. Als Oberhaupt einer neuen Staatsform hätte Reuss fungieren sollen. Die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Berliner Richterin Birgit Malsack-Winkemann hätte für das Ressort Justiz zuständig sein sollen. Auch Ex-Soldaten gehören zu den Beschuldigten.

In Stuttgart soll es um den sogenannten militärischen Arm der Gruppe gehen, der die Machtübernahme mit Waffengewalt hätte durchsetzen sollen. Dazu ist laut Anklage schon mit dem Aufbau eines deutschlandweiten Systems von mehr als 280 militärisch organisierten Heimatschutzkompanien begonnen worden. Die «Heimatschutzkompanie Nr. 221» soll für den Bereich der Gebiete Freudenstadt und Tübingen zuständig gewesen sein.

Die in Stuttgart Angeklagten, alle laut Oberlandesgericht zwischen 42 und 60 Jahre alt, sollen sich zwischen Anfang 2022 und Spätsommer 2022 der Vereinigung angeschlossen und sich in verschiedenen Funktionen für diesen «militärischen Arm» betätigt haben. Sie sitzen derzeit alle in Untersuchungshaft.

Eines der grössten Staatsschutzverfahren der Geschichte

Der Präsident des Oberlandesgerichts, Andreas Singer, sprach im Vorfeld von einem der grössten Staatsschutzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Fünf Richter, zwei Ergänzungsrichter und 22 Verteidiger würden allein am Stuttgarter Prozess teilnehmen. Die Ermittlungsakten umfassen demnach 700 Leitz-Ordner. Das OLG hat für das Staatsschutzverfahren im streng gesicherten Prozessgebäude in Stammheim Termine bis Januar 2025 angesetzt.

In Frankfurt sind dann ab 21. Mai die mutmasslichen Rädelsführer angeklagt, in München stehen ab 18. Juni die übrigen mutmasslichen Mitglieder vor Gericht. Die Aufsplittung des Falls in mehrere Verfahren – schlicht notwendig aufgrund der grossen Anzahl an Angeklagten – stellt die Prozessbeteiligten vor grosse Herausforderungen.

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