Lettland zeigt unbekannte Filmaufnahmen aus deutscher Besatzungszeit
Historische Aufnahmen geben einen Einblick in den lettischen Alltag während des Zweiten Weltkriegs.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein deutscher Wehrmachtsangehöriger machte private Aufnahmen in Lettland.
- Dessen Sohn stellte sie nun dem lettischen Museum zur Verfügung.
Lettische Wissenschaftler sind in den Besitz von bislang unbekanntem Filmmaterial aus der Zeit der deutschen Besatzung Lettlands im Zweiten Weltkrieg gelangt. Die historischen Schwarz-Weiss-Aufnahmen geben einen Einblick in den Alltag zwischen 1941 und 1945. Auf den kurzen Einstellungen zu sehen sind Menschen und bekannte Orte in der Hauptstadt Riga. Dies berichtete das lettische Fernsehen am Freitagabend.
Demnach hat ein deutscher Wehrmachtsangehöriger die privaten Aufnahmen während der Kriegsjahre gemacht. Dessen Sohn stellte sie nun dem lettischen Okkupationsmuseum zur Verfügung.
«Grosse Überraschung»
«Wir wussten nicht, dass es solche Filme geben würde, und es war eine grosse Überraschung», sagte der Historiker Oskars Gruzins. Bei der Betrachtung und Auswertung der Filmrollen haben die Forscher mehrere Vororte und das Zentrum von Riga, einschliesslich der damals zerstörten Altstadt, erkennen können. Äusserst seltene Aufnahmen zeigen auch das von den Nationalsozialisten errichtete Ghetto oder Alltagssituationen wie badende Menschen am Ostseestrand.
«Heutzutage können wir alle das Telefon herausziehen und mit dem Filmen beginnen. Zu der Zeit aber war das ein sehr seltener Fall», sagte Gruzins. «Wir können auch in den Filmen sehen, wie die Menschen sich wundern über die Kamera, und wie sie reagieren, wenn sie gefilmt werden. In der Tat ist dieses Material einzigartig.»
«Kriegskinder»
Gruzins bekam die Aufnahmen von einem Nachfahren des deutschen Offiziers. Dieser wollte mehr über die Geschichte seiner Familie erfahren. Der Mann sei auf der Suche nach Informationen zu einer Frau, in die sich sein vom Filmen faszinierter Vater im Krieg verliebt hatte. Aus der Beziehung ging ein gemeinsames Kind hervor – ein unbekannter Halbbruder oder eine Halbschwester.
Daher hatte sich der Deutsche an das lettische Kriegsmuseum gewandt. Nach Ansicht von lettischen Historikern sind die Aufnahmen ein sehr wertvolles Puzzlestück der lettischen Geschichte. Insbesondere spricht es das bislang nur wenig untersuchte Thema der «Kriegskinder» in Lettland.