Leningradblockade Überlebende wohnt seit 20 Jahren in Düsseldorf
Inna Michailowna Ilina war sieben Jahre alt, als die Leningradblockade begann. Heute ist sie 85 Jahre alt und lebt in Deutschland.

Das Wichtigste in Kürze
- Über eine Million Menschen starben während der Belagerung von Leningrad.
- Über die Blockade ist in Deutschland heute wenig bekannt.
Hitler wollte nicht, dass Inna überlebt. Fast 900 Tage belagerte die Wehrmacht von September 1941 bis Januar 1944 ihre Heimatstadt Leningrad. Mehr als eine Million Menschen starben an Hunger und Kälte. Doch Inna wurde gerettet.
Heute ist Inna Michailowna Ilina 85 Jahre alt und wohnt seit mehr als 20 Jahren in Deutschland – dem Land, aus dem einst die Feinde kamen. «Ich habe nie Hass auf die Deutschen verspürt», sagt Inna der Deutschen Presse-Agentur.
Die Blockade
Inna war sieben Jahre alt, als die Blockade begann. Dass Bomben fielen, weiss sie noch. Ihr Vater, ein Künstler, fiel bei der Verteidigung Leningrads. Ihre Mutter war Stickerin. Inna und ihr kleiner Bruder wurden vier Monate nach Beginn der Belagerung über den zugefrorenen Ladogasee aus Leningrad gebracht.
Ihre Mutter musste in der Stadt bleiben und Wattejacken nähen. «Einmal schickte sie ein Foto und wir haben sie kaum wiedererkannt» sagt Inna. «Sie sah aus wie ein Skelett, wie ein Mensch vor dem Tod.» Ein Stück Brot, kleiner als ein Müsliriegel, sei die Essensration am Tag gewesen.
Innas hungernde Mutter fand durch Glück in einem Hospital eine Arbeit als Küchenputzkraft. Sie habe Essensreste von den Wänden der Kochtöpfe geschabt. Das rettete ihr das Leben.
Der Weg nach Deutschland
Nach der Befreiung kehrte Inna nach Leningrad zurück. 1998 zog sie mit der Familie ihrer Tochter nach Deutschland. Das war schwer für sie.
«Aber der Krieg und die Blockade haben für mich nie eine Rolle gespielt. Das Wort Hass kannte ich nicht. Ich habe einfach kein Deutsch gesprochen.»
Über die Blockade ist in Deutschland heute wenig bekannt. «Ich weiss schon immer, welcher Satz kommt, wenn ich sage, dass ich aus Leningrad komme», sagt Inna. «Oh, Sankt Petersburg! Was für eine schöne Stadt!»