Der Vorstoss des stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Wolfgang Kubicki, gemäss russischen Forderungen die Ostsee-Pipeline Nordstream 2 in Betrieb zu nehmen, ist parteiübergreifend auf Kritik gestossen.
Nordstream-Terminal in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern
Nordstream-Terminal in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern - AFP/Archiv

Auch führende FDP-Politiker gingen auf klare Distanz. Eine Sprecherin von FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner sagte in Berlin, dieser halte Kubickis Vorschlag «für falsch und abwegig».

Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verwies darauf, dass Russland Energiepolitik «als Waffe» einsetze. Die Entscheidung Nordstream 2 nicht in Betrieb zu nehmen «war richtig und ist richtig», sagte er dem «Spiegel». Projekte wie Nordstream 2 hätten Deutschland ohnehin schon «in eine gefährliche Abhängigkeit» von Russland gebracht.

Der FDP-Aussenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff verwies auf Twitter ebenfalls darauf, dass Russland Gas ebenso durch andere Pipelines liefern könne wie Nordstream 1 oder Jamal. Wenn aber Nordstream 2 in Betrieb genommen würde, würde Deutschland damit «im Alleingang den politischen Konsens in Nato und EU zerstören», was ein «Debakel» wäre.

Nordstream 2 sei «schon immer ein Alleingang» gewesen, mit dem Deutschland «unsere osteuropäischen Nachbarn vor den Kopf stiess», erinnerte FDP-Fraktionsvize Gyde Jensen auf Twitter. «Nordstream 2 ist tot», erklärte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und stellte mit Blick auf Kubicki klar: «Es darf keine Unterstützung von Kriegsverbrechern geben.»

Kubicki hatte unter anderem in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Freitag gefordert, Nordstream 2 in Betrieb zu nehmen. «Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen», verlangte er. Kubicki argumentierte, es sei «nicht unmoralischer», russisches Gas auf diesem Weg zu beziehen als wie bisher durch die Pipeline Nordstream 1.

Für die Bundesregierung wies Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner dies zurück. Nordstream 2 sei «aus guten Gründen» gestoppt worden «und eine Wiederaufnahme des Projekts steht zurzeit nicht zur Debatte», sagte er in Berlin. Büchner sowie auch das Bundeswirtschaftsministerium wiesen darauf hin, dass genug andere Pipeline-Kapazitäten zur Verfügung stünden, um russische Lieferverpflichtungen zu erfüllen.

Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba nannte Kubickis Vorstoss auf Twitter «total irrational». Der FDP-Vize ignoriere die «verheerenden Folgen», die damit verbunden wären.

«Einmal mehr übernimmt Herr Kubicki die russische Propaganda und macht sich zum Handlanger Putins», sagte der SPD-Aussenpolitiker Nils Schmid dem Portal t-online.de. Dessen «politischen Erpressungsversuch sollten wir nicht auch noch unterstützen», wies er die Forderungen des FDP-Vize zurück.

Die Forderung nach der Öffnung der Pipeline sei «Teil der psychologischen Kriegsführung» von Russlands Machthaber Wladimir Putin, erklärte der SPD-Aussenpolitiker Michael Roth auf Twitter. Er warnte davor «wieder in eine von Putins Fallen zu tappen». Russland könnte liefern, «will aber nicht», sagte auch er.

«So ein Vorschlag stärkt falsche Narrative», sagte die Grünen-Verteidigungspolitikerin Sara Nanni dem Portal t-online.de. Die Verknappung von Gas habe nichts mit Nordstream 2 zu tun, sondern «ist eine politische Entscheidung Russlands». Eine Inbetriebnahme von Nordstream 2 «würde dem Kriegsverbrecher Putin in die Hände spielen» und sei «ein irrer und gefährlicher Vorschlag», schrieb Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger.

Es mangle nicht an Röhren, sondern am Willen der russischen Staatschefs Wladimir Putin, Deutschland durch diese Röhren ordentlich mit Gas zu versorgen, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in Düsseldorf.

Dagegen begrüsste der AfD-Europapolitiker Maximilian Krah auf Twitter, dass Kubicki «unsere aussenpolitische Positionierung» übernehme. «Nordstream 2 starten!», forderte auch AfD-Chef Tino Chrupalla.

Die Bundesregierung hatte nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine entschieden, Nordstream 2 nicht in Betrieb zu nehmen.

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