Kritische Dokus geraten in den USA unter Druck

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Europas Filmbranche erlebt in Trump-Zeiten eine verkehrte Welt: Früher ist man nach Amerika gereist, um Geld für Projekte einzusammeln. Jetzt ist es umgekehrt.

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Insbesondere für kritische Dokumentationen sind in den Vereinigten Staaten seit Amtsantritt von Präsident Donald Trump kaum mehr Gelder aufzutreiben. (Archivbild) - dpa

Europas Filmemacher blicken mit Sorge auf die Entwicklungen in den USA. Insbesondere für kritische Dokumentationen sind in den Vereinigten Staaten seit Amtsantritt von Präsident Donald Trump kaum mehr Gelder aufzutreiben. Europäische Fernsehsender springen immer häufiger finanziell in die Bresche.

Der deutsche TV-Produzent Christian Beetz («Gaza») ist seit 25 Jahren im Geschäft. Er beobachtet, wie immer mehr US-Finanziers sich aus Angst vor Trump wegducken, Vorhaben im eigenen Land nicht mehr unterstützen. «Der amerikanische Markt im Dokumentarfilmbereich ist total eingebrochen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur anlässlich des internationalen Branchentreffs Sunny Side of the Doc im französischen La Rochelle in dieser Woche.

Beetz Brothers bereitet gerade eine kritische Doku über den Milliardär und ehemaligen Trump-Vertrauten Elon Musk vor. Sämtliche potenziellen Partner aus den USA, die sich zu Beginn der Vorbereitungen noch interessiert gezeigt hätten, seien aus Furcht vor Repressalien abgesprungen, sagte Beetz.

«Alle sind zurzeit vorsichtig, verunsichert, oder beides. Das betrifft nicht nur Spielfilm- oder Dokumentarfilmproduktionen, sondern alle Programme», beschrieb der Deutsch-Amerikaner Hannes Jaenicke die Lage in den USA.

Alle hielten sich zurück, weil sie unter genauer Beobachtung und hohem Druck stehen würden, ist die Beobachtung des Schauspielers und Doku-Moderators («Hannes Jaenicke: Im Einsatz für...»), was den amerikanischen Markt angeht.

Es seien Themen wie Diversität, Umwelt, Liberalität, die mit einem Mal auf der schwarzen Liste stünden: «Und es ist bedrückend zu sehen, wie schnell selbst grosse Konzerne einbrechen und auf Trump-Linie gehen.» Niemand wolle Aufmerksamkeit auf sich ziehen und Trumps Zorn anheimfallen. In seinen Augen sei das eine beängstigende Situation, so Jaenicke im dpa-Interview.

«Wir werden nicht aufhören, Filme zu machen»

Umgekehrt suchen jetzt immer mehr amerikanische Dokumentarfilmer nach europäischen Partnern. Das ist auch grosses Thema beim Sunny Side of the Doc. Filmemacherin Dawn Porter von Trilogy Films aus New York beispielsweise ist nach Frankreich gereist, um hier in Europa Projekte voranzubringen. Sie ist vielfach preisgekrönt, gewann auf dem Sundance Film Festival mit einem Werk über drei afroamerikanische Bürgerrechtsanwälte in den US-Südstaaten.

Porter traf in La Rochelle auch deutsche Produzenten, etwa Gunnar Dedio von Looks Film («Hitlers Hollywood»), um gemeinsame Projekte sowie deren Finanzierung zu besprechen. Die US-Filmemacherin über die Lage daheim: «Wir haben eine echte Krise der Sender, die normalerweise Projekte über Demokratie und über Bürgerrechte berichten. Selbst CNN hat zu kämpfen.»

Dass die Veränderungen in den USA grosse Auswirkungen auf die gesamte Branche haben, bestätigt Produzent Gunnar Dedio: «Früher ist man als Deutscher oder Europäer nach Amerika gegangen, um Partner zu finden, jetzt wandelt sich das – das ist sehr ungewöhnlich.» Sender wie ZDF, BBC oder Arte sind in der Wahrnehmung der Branchenkenner nach wie vor zahlungskräftig und springen demnach häufiger mal ein, wenn es an Geld mangelt.

Der deutsche Spartensender ZDFinfo zum Beispiel hat eine langjährige Zusammenarbeit mit dem renommierten US-Fernseh-Netzwerk PBS, das Trump kürzlich noch als angeblichen «Propaganda-Sender» beschimpft hat. Die Teams des Mainzer Senders können investigative Dokus der Amerikaner vorab sichten und erhalten den ersten Zugriff, wenn kein anderer Kooperationspartner mit PBS zusammenarbeitet. Das teilte der Mainzer Sender auf Anfrage der dpa mit.

Looks Film wiederum war an der PBS-Dokumentation über Hannah Arendt «Facing Tyranny» beteiligt, die jetzt am 27. Juni in den USA Premiere hat. Bei uns wird «Hannah Arendt – Denken ist gefährlich» ab Dezember bei den ARD-Angeboten zu sehen sein.

«Wir werden für bestimmte Projekte zukünftig wahrscheinlich zuerst Gelder aus dem Ausland akquirieren», so Porter. «Und deshalb ist es sehr, sehr wichtig, diese internationalen Allianzen zu haben.» Die New Yorkerin sprach für viele ihrer Kolleginnen und Kollegen, als sie beteuerte: «Wir werden nicht aufhören, Filme zu machen. Wir werden nicht aufhören, Druck zu machen. Wir werden nicht aufhören, die Wahrheit mitzuteilen.»

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