Der moderne Mensch reist nach dem Klimastreik mit dem Zuge. Das zeigen die Zahlen von Interrail. Spitzenreiter bei den Europareisen auf Schienen: Wir Schweizer.
Interrail Schienennetz
Nun weichen zahlreiche Reisende auf das Schienennetz aus, was bei Interrail und Nachtzügen für Rekordzahlen im Absatz sorgt. - Instagram/InterrailEU
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mit Interrail reisen Zugpassagiere zum Pauschalpreis durch Europa.
  • Die Verkaufszahlen haben sich seit 2005 verdreifacht. 2018 reisten 300'000 Interrailer.
  • Interrailer nennen mit grosser Mehrheit das Klima als Grund für die Zug-, statt Flugreise.
  • Am meisten Interrail-Tickets werden in der Schweiz verkauft.

Einst war Reisen eine grosse Sache. Da wurden Monate im Voraus Fahrpläne studiert und am Schalter Zug-Billette gelöst. Dann endlich ging die Reise los.

Der heimatliche Bahnhof verschwand in der Ferne, während immer unbekannter werdende Landschaften vor den Fenstern vorbeiflogen. Stunden, ja, manchmal Tage, später kam der Zielbahnhof in Sicht. Ein bisschen zerknittert und gut durchgesessen begannen die Reisenden ihre Sommerfrische.

Klimastreik zeigt Wirkung

Heute dagegen beginnen die Sommerferien für viele am Flughafen. Einchecken, abheben und bald danach an einem Strand in der Sonne brutzeln. Oder durch Strassenschluchten und Hügelwelten fernab der Heimat wandeln.

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Einchecken, abfliegen und Ferien geniessen – nach diesem Rezept verreisen seit dem Klimastreik immer weniger junge Leute. - Pixabay

Famos? « Nein », finden im Anschluss an die Kimastreiks immer mehr Menschen. Und buchen für ihre Ferien statt dem Flug- immer öfter wieder ein Zugticket.

Das bemerkt unter anderem die Österreichische Bundesbahn (ÖBB). Die Schlafwaggons in ihren Nachtzügen sind bestens belegt. Und auch die SBB ist mit einer höheren Nachfrage konfrontiert.

Interrail-Ticketverkäufe verdreifacht

Am stärksten aber bemerkt den Wandel der Pauschal-Fahrkartenanbieter Interrail. Mit Interrail reisen Passagiere unter 26 Jahren zum äusserst tiefen Pauschalpreis mit dem Zug durch Europa.

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Mit Interrail reisen Jugendliche und Erwachsene zum Pauschalpreis entweder durch ein ausgewähltes Land – oder ganz Europa. - Instagram/Interrail

Reisende über 26 müssen für die Karte etwas tiefer in die Tasche greifen. An der Zugeslust scheint das allerdings nichts zu ändern. «In den letzten 13 Jahren haben sich unsere Fahrkartenverkäufe verdreifacht», sagt Interrail-Sprecherin Nienke Geudeker zu Nau.

Reisten 2005 noch 100'000 Passagiere mit Interrail-Pass in der Tasche, waren es 2018 deren 300'000.

«Flugscham» und Klimastreik

Die Gründe dafür heissen Klimabewusstsein und Gewissen. «In den letzten zwei Jahren haben wir zum Beispiel in Schweden viel mehr Interrail-Pässe verkauft. Das ist ziemlich sicher auf die «Flugscham»-Bewegung zurück zu führen», erklärt Geudeker.

Klimastreik Interrail Zug Ferien
Das Programm Travel EU verschenkt Interrail-Pässe an 18-jährige Europäer, damit sie die Kulturen Europas kennenlernen. - Instagram/InterrailEU

Interrail will von seinen Kunden auch wissen, warum sie sich für den Kauf eines Zugtickets entschieden haben. «In diesem Jahr gaben 71 Prozent der Interrailer an, sie hätten sich wegen dem geringen CO2-Fussabdruck für die Zugreise entschieden. Das sind 20 Prozent mehr, als noch 2017», so Geudeker weiter.

Die Schweiz ist Weltmeister

Mit ein Grund dafür, dass Interrail dermassen an Fahrtwind aufnahm, ist wohl auch das Programm europäische Programm «Travel EU». Per Auslosung werden Interrailpässe an 18-Jährige verschenkt, damit sie die EU besser kennenlernen.

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Steht da eine Schweizerin am Zugfenster? Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, wir sind nämlich Interrail-Weltmeister. - Instagram/InterrailEU

Doch obenauf schwingen die Ticketverkäufe nicht in der EU. «2018 haben wir die meisten Interrail-Pässe in der Schweiz verkauft», so Geudeker. Noch 2017 besetzte die Schweiz hinter dem UK (England, Schottland, Wales und Nordirland) nur Platz zwei.

«Doch von 2017 auf 2018 sind die Verkäufe um 14 Prozent gewachsen», freut sich Geudeker. Es scheint, als wären wir Eidgenossen alles andere als Öko-Muffel. Im Gegenteil. Die Schweiz – das Land der Interrail-Champions.

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