Kardinal Marx: Abschaffung des Pflichtzölibats keine dumme Idee
Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx sprach sich für die Abschaffung des Pflichtzölibats aus. Er meint, in der Kirche müsse sich was ändern.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Veröffentlichung eines Missbrauchsguthabens im Erzbistum München sorgte für Empörung.
- Reinhard Marx sprach sich nun für eine Abschaffung des Pflichtzölibats aus.
- Der Erzbischof Kardinal von München meint, die Kirche müsse sich wandeln.
Münchens Erzbischof Kardinal Reinhard Marx hat sich für die Abschaffung des Pflichtzölibats ausgesprochen. «Bei manchen Priestern wäre es besser, sie wären verheiratet», sagte Marx der «Süddeutschen Zeitung» vom Donnerstag. «Ich denke, so wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen.»
Eine generelle Abschaffung des Zölibats könne er sich zwar nicht vorstellen, sagte der Kardinal. «Aber ob man das für jeden Priester als Grundvoraussetzung nehmen soll, da mache ich doch ein Fragezeichen.»
Es ist das erste Mal, dass sich Marx so deutlich in dieser Frage positioniert. Vor der Amazonas-Synode 2019 hatte er lediglich gesagt, er könne sich regionale Einschränkungen des Zölibats in Gegenden mit Priestermangel vorstellen.
«Alleine zu leben ist nicht so einfach»
Die priesterliche Lebensform generell sei «prekär», sagte Marx nun in dem Interview. «Das sage ich jungen Priestern immer wieder: Alleine zu leben ist nicht so einfach.»
Diese Diskussionen müssten geführt werden, forderte der Erzbischof: «Und einige werden sagen: Wenn wir den Pflichtzölibat nicht mehr haben, werden ja jetzt alle heiraten! Meine Antwort lautet: Und wenn schon! Wenn alle heiraten, wäre das doch erst recht ein Zeichen dafür, dass es so nicht gut funktioniert.»
Nach wie vor zurückhaltend äusserte sich Marx zu der Frage, ob Frauen Priesterinnen werden können. Die Argumente dagegen seien für ihn immer schwächer geworden. «Ich bin da nicht am Ende, ich weiss nur, dass wir einen grossen Konsens brauchen.» Dann fügte er hinzu: «Oder man zerbricht das ganze Gebäude.»
Gutachten löste Empörung aus
Die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs dürfe man nicht von Reformen trennen, sagte Marx. Es gehe um systemische Dinge, um Klerikalismus, Zölibat, Männer und Frauen: «All das kann man nicht ausklammern.»
Die Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl veröffentlichte ihr Gutachten zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising vor zwei Wochen. Besonders die Aussagen des emeritierten Papstes Benedikt XVI. im Gutachten hatten weltweit Empörung ausgelöst.
Forderungen, Benedikt XVI. solle sich entschuldigen, wollte sich Kardinal Marx nicht anschliessen: «Ich will jetzt nicht über die Medien eine Forderung stellen, sondern eine Hoffnung äussern: Dass er sich, so wie angekündigt, umfassend äussert. Und dass die Erklärung auch ein gutes Wort der Anteilnahme mit den Betroffenen enthält.»