Heinz-Christian Strache äussert sich nach dem Ibiza-Video erstmals in einem grossen Interview. Er gibt sich angriffig und kritisiert Kanzler Sebastian Kurz.
Heinz-Christian Strache
Der damalige Vizekanzler Österreichs Heinz-Christian Strache soll mit einem russischen Oligarchen über möglicherweise illegale Parteispenden gesprochen haben. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Heinz-Christian Strache äussert sich erstmals zur Ibiza-Affäre.
  • Er sieht sich als Opfer und kündigt restlose Aufklärung an.

Vize-Kanzler, FPÖ-Parteichef, Shootingstar der Rechten. Die Fallhöhe war sehr hoch. Als vor zehn Tagen die «Süddeutsche Zeitung» und der «Spiegel» kompromittierendes Videomaterial veröffentlichten, brach in Österreich ein politischer Orkan los. Kurz darauf war Heinz-Christian Strache all seine Ämter los.

Seither kämpft er um sein Gesicht. Er will «dieses auf mich verübte politische Attentat» unbedingt aufklären. Im Interview mit der «Weltwoche» tut er seine Äusserungen auf Ibiza als «unachtsam und naiv» in einer Urlaubssituation ab.

Heinz-Christian Strache ist doppelt enttäuscht

Dabei wiederholt er immer wieder: «Ich habe auf Zweifel, die mir während des Gespräches wiederholt kamen, nicht reagiert. Das war ein Fehler.» Und: er versucht sich als Opfer zu stilisieren. Er sei enttäuscht, dass ihn sein Wegbegleiter Johann Gudenus, der für die FPÖ Kontakte nach Russland unterhielt, in die Falle führte.

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In dem Gespräch übersetzt der jetzige Fraktionschef der FPÖ Johann Gudenus (l) die Ausführungen Straches ins Russische. Auf dem Video ist zu sehen, wie sich Strache mit einer Frau über die Möglichkeiten der Einflussnahme auf den bevorstehenden Wahlkampf sprechen. - Spiegel/Süddeutsche Zeitung/dpa

Auch Kanzler Sebastian Kurz habe ihn enttäuscht, so Strache weiter. Dieser habe ihm versprochen, die Regierung mit der FPÖ weiterzuführen, wenn Strache zurücktritt. «Hieran hat er sich nicht gehalten. Dieser Wortbruch hat mich sehr enttäuscht.»

Die darauffolgende Absetzung von von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl durch Kurz sei ein weiterer Bruch gewesen. Er führte schliesslich auch dazu, dass sämtliche FPÖ-Minister zurücktraten und die Koalition von Kurz' ÖVP mit der FPÖ auseinander brach.

Er sei betrunken gewesen, gibt Strache zu. Drogen will er aber nicht Schuld geben, diese habe er Zeit Lebens abgelehnt. «Aber ich kann nicht ausschliessen, dass die mir Tropfen in die Getränke geschüttet haben, um mich vertrauens- und redseliger zu machen.»

Mit aller Kraft gegen die Fallensteller

Strache vermutet, dass die ÖVP einen «längeren strategischen Plan» verfolge. «Ich sehe eine ÖVP-Allmachtsfantasie, alles an sich zu reissen und zu kontrollieren.» Seine FPÖ lasse sich indes durch den Ibiza-Skandal nicht spalten. «Wir sind eine Familie», ist Strache überzeugt.

Bundeskanzler Sebastian Kurz schliesst eine weitere Zusammenarbeit mit Vizekanzler Hans-Christian Strache aus. Foto: Roland Schlager/APA/Archiv
Bundeskanzler Sebastian Kurz schliesst eine weitere Zusammenarbeit mit Vizekanzler Hans-Christian Strache aus. Foto: Roland Schlager/APA/Archiv - dpa-infocom GmbH

Heinz-Christian Strache wollte gemäss seinen Aussagen im Video der vermeintlichen russischen Oligarchentochter Staatsaufträge vermachen, wenn diese die Kronenzeitung kaufen und dort FPÖ-freundliche Artikel publizieren liesse. Nun will er mit aller Kraft gegen jene vorgehen, die ihn bei diesen Aussagen filmten.

«Sonst wird ein solches illegales Verhalten und Filmen von missliebigen Konkurrenten noch Mode», erklärt er. Und kehrt dann die Vorwürfe gegen ihn einfach um. «Das ist eine echte Gefahr für die Demokratie, Freiheit, Bürgerrechte, Rechtsstaatlichkeit. Hier wurden auch Bild- und Persönlichkeitsrechte mit Füssen getreten.»

Kraft gibt ihm seine Herzensperle

Bei der Veröffentlichung der Videos sei es nie um ein öffentliches Interesse gegangen, so Strache. Die Aussagen hätte man schliesslich auch ohne die Videoveröffentlichung berichten können. Doch es sei allein um «Blossstellung und Rufmord» an seiner Person gegangen.

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Heinz-Christian Strache, Vizekanzler von Österreich und FPÖ-Chef trat von seinen Ämtern zurück und entschuldigte sich für seine Aussagen. - dpa

Im Kampf gegen die Verschwörung gegen ihn und die FPÖ sei seine Frau Philippa – «meine Herzensperle, sie hat ein Herz wie eine Löwin» – und die Familie sein Lichtblick. «Wer nicht kämpft, hat schon verloren», bemüht Strache zum Schluss eine Phrase, um seine Entschlossenheit zu untermauern.

Heute Mittag muss sich der österreichische Kanzler Sebastian Kurz einem Misstrauensvotum im Nationalrat stellen. Er wird seinen Stuhl wohl räumen müssen. Paradox: bei den EU-Wahlen am Wochenende gehörte Sebastian Kurz' ÖVP zu den grossen Gewinnern.

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