Bei den Grünen ist die Aufregung wegen der geplanten Verschärfung der europäischen Asylregeln gross. Parteichef Nouripour versucht zu beschwichtigen. Der Union wiederum geht es nicht schnell genug.
Grünen-Chef Omid Nouripour verteidigt den Asyl-Kompromiss, setzt aber auch auf Nachbesserungen.
Grünen-Chef Omid Nouripour verteidigt den Asyl-Kompromiss, setzt aber auch auf Nachbesserungen. - Kay Nietfeld/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die geplante Verschärfung der europäischen Asylregeln sorgt in Deutschland weiter für kontroverse Diskussionen.

Vor allem bei Grünen-Mitgliedern ist die Empörung gross, dass die Bundesregierung den Reformplänen zustimmte. Grünen-Chef Omid Nouripour verteidigte die Zustimmung – er setzt aber auch auf Nachbesserungen, wenn das Europaparlament in der Sache am Zug ist. Unionspolitiker forderten die Ampel-Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, schon vor dem Inkrafttreten der Reform Schritte zu ergreifen, um illegale Migration nach Deutschland einzudämmen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte der «Augsburger Allgemeinen»: «Wir brauchen auch nationale Massnahmen zur Bekämpfung der illegalen Migration und zwar umgehend.» Eine Reform der gemeinsamen europäischen Asylpolitik werde allenfalls in zwei oder drei Jahren ihre Wirkungen zeigen. Viele Kommunen hätten heute schon die Belastungsgrenze bei der Aufnahme von Migranten erreicht oder überschritten.

CDU-Generalsekretär: Asylkompromiss erster wichtiger Schritt

CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern, mit dem Kompromiss auf EU-Ebene allein sei es nicht getan. «Es ist jetzt die Verantwortung der Bundesregierung, auch die weiteren Schritte zur Begrenzung illegaler Migration umzusetzen. Zum Beispiel bei der Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten.» Sogenannte sichere Herkunftsstaaten sind Länder, bei denen angenommen wird, dass es dort in der Regel weder politische Verfolgung noch unmenschliche Bestrafung oder Behandlung gibt. Das soll schnellere Asylentscheidungen und Abschiebungen ermöglichen.

Die EU-Staaten hatten am Donnerstag in Luxemburg mit einer ausreichend grossen Mehrheit für eine umfassende Reform gestimmt. Vorgesehen ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive. So sollen ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.

Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. Um den Durchbruch zu ermöglichen, musste sie letztlich akzeptieren, dass dies doch möglich sein könnte. Denkbar ist aber, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht und wird in den kommenden Monaten mit Vertretern der EU-Staaten über das Projekt verhandeln.

Nouripour: Vereinbarung ist «nicht geltendes Recht»

Grünen-Chef Omid Nouripour sagte am Abend im ZDF-«heute journal»: «Das, was vereinbart worden ist, ist erst einmal eine politische Vereinbarung. Es ist nicht geltendes Recht.» Bei der Umsetzung in Recht und Gesetz werde das Europaparlament eine gewichtige Rolle spielen. Mit dem Anliegen, dann noch einiges zu verbessern, seien die Grünen nicht allein, sagte Nouripour.

Der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt bezweifelte in den ARD-«Tagesthemen», dass die geplante Reform die irreguläre Migration eindämmt. Wenn es grosse Lager an den Aussengrenzen gebe, würden die Bedingungen für die Migranten dort noch schlechter. «Diese schlechten Bedingungen führen dann dazu, dass es noch mehr Ungleichgewicht in Europa gibt, dass die Menschen Anreize haben, sich an den Aussengrenzen-Staaten gar nicht dort zu registrieren oder sich zu melden, sondern sie werden dann Schlepper nehmen, die vielleicht direkt nach Deutschland kommen.» Es sei nicht ersichtlich, was die geplante Reform verbessern werde, kritisierte der Abgeordnete.

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