27 EU-Chefs diskutieren am Freitag über einen Corona-Wiederaufbaufonds inklusive gemeinsame Schulden. Laut einem Experten wären diese für die Schweiz positiv.
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EU-Gipfel per Video: Die 27 EU-Chefs diskutieren am Freitag über den mehrjährigen EU-Haushalt und einen Milliarden schweren Wiederaufbaufonds, mit dem sie die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abfedern wollen. Dabei wird auch über gemeinsame EU-Schulden gesprochen. (Archiv) - sda - KEYSTONE/EPA/IAN LANGSDON / POOL
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Das Wichtigste in Kürze

  • Heute Freitag diskutieren 27 EU-Chefs über eine Corona-Hilfe von 750-Milliarenden Euro.
  • Laut einem Geldexperte wären die gemeinsamen EU-Schulden für die Schweiz positiv.

Die 27 EU-Chefs diskutieren am Freitag über einen 750-Milliarden Euro Corona-Wiederaufbaufonds – inklusive gemeinsamer Schulden. Yvan Lengwiler, Professor für Geldpolitik an der Universität Basel, sagt, gemeinsame EU-Schulden wären für die Schweiz positiv.

Trotz «Konstruktionsfehlern» habe der Euro in den ersten zehn Jahren seines Bestehens erstaunlich gut funktioniert. Dies sagte Lengwiler im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Doch in Krisenzeiten hätten sich die Schwachstellen gezeigt: Es fehle eine gemeinsame Fiskalpolitik.

Spätestens in der letzten Finanzkrise hat man laut dem Geldpolitik-Experten gesehen, wie problematisch dies ist. Wäre Griechenland nicht Mitglied des Euroraumes, hätte es seine Währung abwerten können und damit seine Wettbewerbsfähigkeit erhöht.

So gesehen würde eine EU-Verschuldung einen Schritt näher an eine gemeinsame Fiskalpolitik führen, sagte Lengwiler weiter. Wenn man davon ausgehe, dass eine Vertiefung der EU der richtige Weg sei, dann sei die gemeinsame Verschuldung ein Schritt in die richtige Richtung.

Gemeinsame Verschuldung sei keine Gefahr für EU

«Denn Schulden können als ‹Steuern in der Zukunft› angesehen werden: Wenn ein Staat früher oder später die Schulden tilgen muss, dann braucht er mehr Geld.» Das erhalte er durch die Besteuerung der Haushalte und Unternehmen in der Zukunft.

Für die EU selbst sieht Lengwiler bei einer gemeinsamen Verschuldung keine Gefahr – im Gegenteil. «Es ist gefährlich, einem Land wie Italien, das schrecklich von der Corona-Pandemie getroffen wurden, nicht zu helfen. Italien erwartet zu Recht Solidarität von den anderen EU-Staaten. Erhält es diese Solidarität nicht, kann man sich fragen, ob die italienische Bevölkerung noch weiter in der EU mitmachen will.»

Coronavirus
Italien ist in Europa eines der am stärksten vom Coronavirus betroffenen Länder. - Keystone

Ausserdem sei der Austritt Grossbritanniens aus der EU schon ein grosser Rückschlag für die Staatengemeinschaft. «Ein Austritt Italiens aus dem Euro oder gar aus der EU wäre eine Katastrophe. Es wäre dann wohl das Ende des Euro, und vielleicht auch der EU selber.»

Die Schweiz ihrerseits würde laut dem Geldpolitik-Experten das Ende des Euros sicherlich überleben. Die kurz- und mittelfristigen Turbulenzen wären aber für alle sehr schmerzhaft.

EU-Verschuldung hat Positives für Schweiz

Eine gemeinsame EU-Verschuldung hätte auch für die Schweiz Positives, so Lengwiler weiter. «Es würde den Euro auf eine solidere Basis stellen und damit den Franken entlasten.» Aktuell leide der Franken nämlich unter dem schwachen Euro.

Schweizerische Nationalbank
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) in Bern. - keystone

Der Spielraum der Schweizerischen Nationalbank sei deswegen sehr gering geworden. Noch tiefere Negativzinsen gingen kaum, sonst würden die Leute ihr Geld von der Bank nehmen und es unters Kopfkissen legen. Und eine rasante Erstarkung des Frankens würde konjunkturelle Risiken mit sich bringen.

«Die Pandemie könnte so gesehen eine Chance für die EU sein. Es wäre durchaus in der Logik der Staatengemeinschaft, sich in Krisenzeiten stärker zu integrieren», sagte Lengwiler.

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