Mit einem Mittel aus der Arbeitswelt wollen Frauen die katholische Kirche wachrütteln: Sie streiken. Das löste bundesweite Reaktionen aus. Dabei gab es nicht nur Kritik von einigen Bischöfen.
Bistümer haben mit Verständnis auf den Proteststreik katholischer Frauen reagiert. Foto: Patrick Seeger
Bistümer haben mit Verständnis auf den Proteststreik katholischer Frauen reagiert. Foto: Patrick Seeger - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Sie bereiten die Kinder auf die Erstkommunion vor, schmücken die Kirchen und planen das Gemeindefest.

In vielen Gemeinden in der katholischen Kirche geht angesichts schwindender Mitgliederzahl ohne Frauen oft kaum mehr etwas.

Viel zu sagen aber haben sie in der männerdominierten Kirche neben Priestern und Bischöfen nicht. Bei einer Gruppe in Münster war jetzt das Fass übergelaufen. Nach dem Missbrauchsskandal und der seit Jahrzehnten erfolglosen Forderung, die Weiheämter auch für Frauen zu öffnen, hatte die 15-köpfige Gruppe die Idee, in den Streik zu treten: eine Woche nicht im Ehrenamt helfen und draussen eigene Gottesdienste feiern. Die Alternative? Der Austritt aus der Kirche, das wollten die Frauen nicht - vorerst. Dem vorausgegangen war die bundesweite Aktion «MachtLichtAn» der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) Ende 2018.

Die Idee aus Münster schlug Wellen. Bundesweit - und auch in Österreich, der Schweiz und in den USA - schlossen sich Gruppen an. Unumstritten ist der Streik nicht. Nicht nur von den deutschen Bischöfen kam Kritik, es gab auch Austrittsankündigungen von Mitgliedern von kfd und KDFB, dem Katholischen Deutschen Frauenbund. Insgesamt fiel die Beteiligung an der Aktion - zumindest nach Einschätzung einiger Bistümer - in Bayern bislang geringer aus als im Norden, Westen und Südwesten der Republik.

Agnes Wuckelt ist stellvertretende Bundesvorsitzende der kfd. In der «Frankfurt Rundschau» bezeichnete die Theologin den Kirchenstreik als letzten Weckruf von Frauen, die sagen, «Ich kann in dieser Kirche nur bleiben unter der Bedingung von Gleichberechtigung». Frauen nehmen es nach ihrer Meinung nicht mehr hin, dass die Kirche der einzige Raum sein soll, in dem sie mit ihrem Einsatz und ihren Kompetenzen am Ende immer in der Rolle der Nachrangigen und Nachgeordneten bleiben, abhängig von geweihten Männern. Sollte dieser Weckruf ungehört verhallen, sagt Wuckelt einen lautlosen Auszug aus der Kirche voraus. Und zwar «in Scharen.»

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann kritisierte den Streik. «Ich kann die Ungeduld vieler Frauen verstehen. Ich sage aber offen, dass ich diese Streikaufrufe, diese Streikaktionen nicht für hilfreich halte», sagte Ackermann der Deutschen Presse-Agentur. Die deutschen Bischöfe hätten sich zu einem «synodalen Weg» - also zu einem Dialog mit Laien und Experten auch über «Frauen und Amt» - bereiterklärt. «Das hat eine neue Qualität, dass wir in einer offenen Form so miteinander direkt sprechen.» Dazu brauche man aber «auch vertrauensbildende Massnahmen». Da sei der Streik «eher kontraproduktiv».

Ackermann zeigte sich offen für Frauen als Diakoninnen, sofern sich zeige, dass es in der frühen Geschichte der Kirche schon das Diakonat der Frau gegeben habe. Papst Franziskus hatte in der vergangenen Woche gesagt, eine Expertenkommission sei in der Frage, ob Diakoninnen in der Urkirche auch sakramentale Ämter hatten, «ohne klares Ergebnis» geblieben. Deswegen müsse diese Frage von der Kommission weiter untersucht werden.

Andrea Voss-Frick, Mitinitiatorin der Gruppe aus Münster kann die Sprüche der Bischöfe nicht mehr hören. «Wenn die Menschen diese Zitate hören, können sie nur noch mit dem Kopf schütteln», sagt Voss-Frick. Jetzt sei nicht der richtige Zeitpunkt, und wir müssen gesprächsbereit sein? Wir reden seit Jahrzehnten, und wann soll denn dieser richtige Zeitpunkt sein?, fragt die Münsteranerin.

Michael Seewald, Dogmatik-Professor am Exzellenzcluster Religion und Politik der Uni Münster begrüsst das Engagement der Frauen. «Ich glaube, dass man sich in Rom bei der Geschlechterfrage völlig verrannt hat. Man hat eine ganz bestimmte Konzeption sozialer Rollen mit quasi göttlicher Autorität aufgeladen. Es wird der Kirche schwerfallen, auf diesem Holzweg umzukehren. In absehbarer Zeit wird es sicher keine Frauen als Priesterinnen geben.» Nichtsdestotrotz sei es wichtig, dass Maria 2.0 auf Missstände aufmerksam mache und darauf hinweise, wie schwach die Argumente von römischer Seite seien.

Seewald weist aber auch auf die unterschiedlichen Felder der erhobenen Forderungen von «Maria 2.0» hin. «Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal bewegen sich auf einer anderen Ebene als die Aufhebung des Zölibats oder die Zulassung von Frauen zu den Weiheämtern», sagt der Professor.

Der Pflichtzölibat ist nach Seewalds Meinung keine dogmatische, sondern nur eine kirchenrechtliche Festlegung, die der Papst ändern könne. «Beim Zölibat ist es unwahrscheinlich, dass es zu einer weltkirchlich einheitlichen Regelung kommen wird. Gut möglich ist aber, dass der Papst den nationalen Bischofskonferenzen oder gar den einzelnen Diözesanbischöfen die Möglichkeit lässt, die Lage in ihrem Gebiet einzuschätzen und die nötigen Konsequenzen mit Blick auf die Zölibatspflicht zu ziehen.»

Nach Informationen eines Sprechers des Bistums Augsburgs gab es in seinem Bistum keinerlei Aktivitäten in der Richtung - ganz im Gegenteil. «Offensichtlich als Reaktion zu Maria 2.0 ist in unserem Bistum wohl die Initiative mariaeinspunktnull.de entstanden, zu der sich einige Frauen zusammengeschlossen haben», sagte der Sprecher. «Unsere Maria Mutter Gottes braucht kein Update», heisst es auf der Internetseite, die Johanna Stöhr ins Leben gerufen hat. «Maria war nach unserem heutigen Verständnis eine emanzipierte Frau, die gleichzeitig mit beiden Beinen im Glauben und im Leben stand», erklärte die 33-jährige Katholikin, die in ihrer Pfarrei in Schongau aktiv ist. Insbesondere ein Frauenpriestertum lehnt sie ab. «Jesus hat ganz bewusst Männer in das Amt des Priestertums gerufen.» Das stehe auch in der Bibel.

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