Ex-Milliardär Benko angeklagt – Ein Aspekt der Signa-Pleite
Die Wirtschaftsstaatsanwaltschaft Wien klagt René Benko erstmals an. Er soll bei seiner Insolvenz Vermögen zulasten der Gläubiger beiseitegeschafft haben.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien hat erstmals Anklage gegen den ehemaligen Immobilien-Milliardär René Benko erhoben. Die Behörde wirft Benko vor, bei seiner Insolvenz als Einzelunternehmer Vermögenswerte zuungunsten der Gläubiger beiseitegeschafft zu haben. Eine entsprechende Anklage sei beim Landgericht Innsbruck eingebracht worden.
Der Vorwurf lautet auf betrügerische Krida, ein Begriff aus dem österreichischen Strafrecht, der in etwa dem Bankrott in Deutschland entspricht. Das Verfahren ist einer unter insgesamt zwölf Verfahrenssträngen rund um die gescheiterte Signa-Gruppe.
Konkret wirft die Staatsanwaltschaft dem 48-Jährigen vor, dass er «unter dem Eindruck zunehmender Zahlungsschwierigkeiten und einer absehbaren Konkurseröffnung» Angehörigen noch 300.000 Euro geschenkt habe. Ausserdem soll Benko eine – wirtschaftlich und sachlich unvertretbare – Miet- und Betriebskostenvorauszahlung für ein Mietobjekt in Höhe von 360.000 Euro geleistet haben.
Insgesamt belaufe sich der in diesem Verfahren festgestellte Schaden also auf 660.000 Euro. Der Strafrahmen betrage ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe, teilte die Behörde mit.
Benko in Untersuchungshaft
Da sich der 48-Jährige bereits seit Januar in Untersuchungshaft befinde, gelte für die Justiz ein Beschleunigungsgebot, sagte eine Sprecherin der Anklagebehörde. So könnte das Hauptverfahren vom Landgericht wohl bald terminiert werden.
Die Justiz hat im Fall Benko offensichtlich Konsequenzen aus den extrem langwierigen Korruptionsermittlungen gegen Österreichs Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser gezogen und zunächst einen Teil-Aspekt zur Anklage gebracht.
Im Fall Grasser hatte es sieben Jahre vom Ermittlungsbeginn bis zur Anklage in der Korruptionsaffäre um die Wohnungsgesellschaft Buwog gedauert, weitere neun Jahre vergingen bis zu einem rechtskräftigen Urteil. Auch aufgrund dieser langen Verfahrensdauer wurde die ursprünglich verhängte Haftstrafe wegen Untreue vom Obersten Gerichtshof auf vier Jahre halbiert.
Gesamtschaden: 300 Millionen Euro
Beim gesamten Verfahrenskomplex Signa wird laut Staatsanwaltschaft gegen rund ein Dutzend Beschuldigte und gegen zwei Verbände ermittelt. Der bisher ermittelte Gesamtschaden beläuft sich nach Angaben der Justiz auf 300 Millionen Euro. Mit bisher 1500 Ordnungsnummern – jeweils Schriftstücke oder gar Aktenbände – sei das Signa-Verfahren äusserst umfangreich, hiess es. Es steht der Verdacht der Untreue und des schweren Betrugs im Raum. Benko bestreitet die Vorwürfe.
Der in Innsbruck aufgewachsene Benko hatte in der Niedrigzins-Phase ein verschachteltes Firmennetzwerk aufgebaut. Die von ihm 1999 gegründete Gruppe, die bald als Signa firmierte, erwarb zahlreiche meist als hochkarätig gehandelte Immobilien, darunter das Chrysler-Building in New York.
Vom Selfmade-Milliardär zum Signa-Absturz
Benko hatte es schon in jungen Jahren dank eines ausgesprochenen Gespürs für Geschäfte und eines grossen Verhandlungsgeschicks zum schwerreichen Mann geschafft. In seinen Glanzzeiten wurde sein Vermögen auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. Der Tiroler war gerngesehener Gast und Gastgeber in der High Society Österreichs.
Im Rückblick gilt der Einstieg der Signa in den stationären Handel als strategischer Fehler, der massgeblich zum Niedergang des Unternehmens führte. Benko investierte etwa in die Galeria-Warenhausgruppe, das Luxuskaufhaus KaDeWe und das Hamburger Elbtower-Projekt. Die jahrelang boomende Immobilien-Sparte konnte die Verluste der Warenhäuser nicht kompensieren. Neben konzerninternen Problemen wurde Signa schliesslich von steigenden Zinsen, Energiepreisen und Baukosten zu Fall gebracht.
In der Schweiz ist Benko vor allem als früherer Mitbesitzer der Warenhauskette Globus bekannt.