Seit Mittwoch kamen bei Bootsunglücken nordwestlich von Kreta mindestens 30 Migranten ums Leben. Dutzende Menschen werden noch vermisst. Gleichzeitig werden bei Lampedusa fast 200 Menschen gerettet.
Sea-Watch
Freiwillige Helfer von Sea-Watch. - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die freiwilligen Helfer der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch haben in der Nacht zu Samstag rund 180 Bootsmigranten im Mittelmeer gerettet.

An Bord der «Sea-Watch 3» seien nun etwa 270 Menschen, teilte die in Berlin ansässige Organisation am Samstag mit.

Am Vortag hatte die Crew ihr anvisiertes Einsatzgebiet im zentralen Mittelmeer erreicht und wenig später in internationalen Gewässern südlich der italienischen Insel Lampedusa die ersten Schiffbrüchigen aus Seenot gerettet.

In der Ägäis hingegen ertranken seit Mittwoch mindestens 30 Migranten. Dutzende werden noch vermisst. Das teilte die griechische Küstenwache am Samstag mit. Die Regierung machte die Türkei und skrupellose Schleuser dafür verantwortlich.

Athen kritisiert Ankara

«Schleuserbanden setzen ihre verbrecherische Aktivität ungehindert fort. Sie sind Mörder», sagte Schifffahrtsminister Giannis Plakiotakis im griechischen Fernsehen. Die Türkei stoppe das Auslaufen solcher Boote nicht. Die Schleuser setzten morsche Kähne ein, die keine Rettungsausrüstung an Bord hätten und äusserst gefährlich seien, so der Minister.

In der Nacht zum Samstag haben Fischer und die Küstenwache nach dem Kentern eines Flüchtlingsbootes vor der Ferieninsel Paros 16 Leichen geborgen. Bereits am Donnerstag waren nordwestlich von Kreta elf Menschen ums Leben gekommen. 90 Menschen konnten eine Felseninsel erreichen. Drei Migranten waren am Mittwoch beim Untergang eines anderen Bootes in der Ägäis nahe der Insel Folegandros ertrunken. Die Zahl der Todesopfer könnte noch viel grösser sein, denn Dutzende Menschen werden noch vermisst.

Offiziere der griechischen Küstenwache schätzten, dass es rund 11.000 Menschen in den vergangenen Monaten gelungen sei, Italien auf dieser Route von der Türkei durch die Ägäis und das Ionische Meer zu erreichen. Es gibt keine offiziellen Angaben, wie viele Menschen dabei ums Leben gekommen sind.

Hoffnung auf schnelle Aufnahme

Die Migranten unternehmen diese gefährliche Reise, weil sie es vermeiden wollen, längere Zeit in den Registrierlagern auf den Inseln im Osten der Ägäis bleiben zu müssen, wenn sie aus der Türkei nach Lesbos, Chios oder zu anderen griechischen Inseln übersetzen. Wegen der langen Fahrt durch das Mittelmeer südlich oder nördlich von Kreta kommt es jedoch häufig zu Maschinenschäden oder Lecks auf den oft veralteten Booten, die Schleuserbanden den Menschen verkaufen.

Richtung Lampedusa steuern Migranten oft wegen ihrer Nähe zu den Küsten Nordafrikas. In Italien kamen in diesem Jahr nach staatlichen Angaben bislang rund 47 Prozent mehr Migranten in Booten an als noch im selben Vorjahreszeitraum.

Die Rettungseinsätze privater Hilfsorganisationen, die die Geretteten in der Regel nach Sizilien bringen, sind in Italien und der Europäischen Union politisch umstritten. Aus Sicht von Kritikern wäre es besser, wenn kriminelle Schlepper gar nicht erst so viele Menschen in Seenot bringen würden. Die Seenotretter stehen bei manchen EU-Innenministern unter Verdacht, mit libyschen Schleusern zusammenzuarbeiten. Die Seenotretter geben dagegen an, dass sie sich ohne Abstriche an internationale Gesetze hielten. Sie kritisieren, dass die EU untätig zusehe.

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