Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche sind keine Seltenheit. Der deutsche Kardinal Walter Brandmüller nennt Empörung über Missbrauch aber Heuchelei.
Walter Brandmüller
Der deutsche Kardinal Walter Brandmüller. (Archivbild) - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der deutsche Kardinal nennt Empörung über den Missbrauch in der Kirche Heuchelei.
  • Sexueller Missbrauch sei dabei alles andere als ein spezifisch katholisches Phänomen.

Die Empörung über den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche ist aus Sicht des deutschen Kardinals Walter Brandmüller Heuchelei. «Da benimmt sich die Gesellschaft ziemlich heuchlerisch», sagte Walter Brandmüller der Deutschen Presse-Agentur kurz vor seinem 90. Geburtstag an diesem Samstag. «Was in der Kirche an Missbrauch passiert ist, ist nichts anderes, als was in der Gesellschaft überhaupt geschieht.» Sexueller Missbrauch sei alles andere als ein spezifisch katholisches Phänomen. Der eigentliche Skandal sei, dass sich die Kirchenvertreter in diesem Punkt nicht von der gesamten Gesellschaft unterschieden.

«Nicht weniger wirklichkeitsfremd ist es, zu vergessen beziehungsweise zu verschweigen, dass 80 Prozent der Missbrauchsfälle im kirchlichen Umfeld männliche Jugendliche, nicht Kinder, betrafen», kritisierte Brandmüller. Es sei zudem «statistisch erwiesen», dass es einen Zusammenhang zwischen Missbrauch und Homosexualität gebe.

Problematische Strukturen

Eine im vergangenen Jahr vorgestellte Studie hatte ergeben, dass in Deutschland zwischen 1946 und 2014 insgesamt 1670 katholische Kleriker 3677 meist männliche Minderjährige sexuell missbraucht haben sollen. Zudem hatten die mit der Studie beauftragten Wissenschaftler problematische Strukturen in der katholischen Kirche benannt, die Missbrauch nach wie vor befördern könnten – etwa die umstrittene Verpflichtung der Priester zur Ehelosigkeit (Zölibat) und die ausgeprägte klerikale Macht einzelner Geistlicher. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, hatte darauf hingewiesen, dass der Zölibat und Homosexualität «für sich genommen» keinen Missbrauch hervorriefen.

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