Deutscher Kanzler hält Israels Angriffe für völkerrechtskonform
Der deutsche Kanzler Friedrich Merz bewertet die israelischen Angriffe auf den Iran im Gegensatz zu vielen Juristen nicht als Verstoss gegen das Völkerrecht.

Der deutsche Kanzler Friedrich Merz sieht in den israelischen Angriffen auf den Iran anders als viele Juristen keinen Verstoss gegen das Völkerrecht.
Er habe «an der Legitimität und auch an der völkerrechtlichen Legalität dessen, was Israel getan hat, heute keinen Zweifel», sagte der Christdemokrat bei einer Regierungsbefragung im Bundestag und positionierte sich damit deutlicher als bisher in dieser Frage.
Der konservative Regierungschef betonte, dass die am 13. Juni gestarteten israelischen Luftangriffe auf iranische Atomanlagen, militärisches Führungspersonal und Atomphysiker juristisch nicht unbedingt als Präventivschlag gewertet werden müssten. Dies sei «nur eine von mehreren möglichen Annahmen», sagte er.
«Man kann auch zu dem Ergebnis kommen, dass Israel seit Jahren täglich angegriffen wird und das Recht hat, sich dagegen militärisch zur Wehr zu setzen.» Spätestens seit den Angriffen der Hamas am 7. Oktober 2023 aus dem Gazastreifen müsse eigentlich jedem klar sein, dass solche Angriffe stattfinden und eine solche militärische Bedrohung äusserst ernst zu nehmen sei.
Laut Gutachten «erhebliche Zweifel» an Rechtmässigkeit
Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags hatten in einem Anfang Juli veröffentlichten Gutachten «erhebliche Zweifel» an der Rechtmässigkeit der israelischen und US-amerikanischen Angriffe auf den Iran geltend gemacht.
Die «ganz überwiegende Zahl der Völkerrechtler» sehe die Kriterien für eine «Selbstverteidigungslage» Israels nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen nicht als erfüllt an, heisst es in der 54-seitigen Expertise, die vom Linken-Abgeordneten Ulrich Thoden in Auftrag gegeben wurde, der auch die Frage an Merz im Parlament stellte.
Israel hätte nach Ansicht der Wissenschaftler beweisen müssen, dass der Iran unmittelbar vor dem Bau einer Atomwaffe stand. Ausserdem hätte dargelegt werden müssen, dass der Iran die feste Absicht hatte, eine solche Waffe gegen Israel einzusetzen und die Militäroperation «Rising Lion» wirklich die letzte Gelegenheit war, den Bau der Atombombe zu verhindern. All dies sei «nach dem nahezu einhelligen Urteil der Völkerrechtslehre» nicht hinreichend geschehen.
Regierung hatte bisher nur das Selbstverteidigungsrecht betont
Die seit rund zwei Monaten amtierende deutsche Regierung hatte zu der Frage der Völkerrechtsmässigkeit der israelischen Angriffe bisher nur gesagt, dass Israel ein Selbstverteidigungsrecht habe wie jeder andere Staat auch. Merz hatte sich kurz nach dem Kriegseintritt der USA klar hinter die Militäroperation gestellt, aber ebenfalls ohne ganz konkret auf die Frage der Rechtmässigkeit einzugehen.
«Es gibt für uns und auch für mich persönlich keinen Grund, das zu kritisieren, was Israel vor einer Woche begonnen hat, und keinen Grund, das zu kritisieren, was Amerika am vergangenen Wochenende getan hat», hatte er gesagt.
Die Militäroperation «Rising Lion» war am 13. Juni gestartet worden, am 22. Juni griffen die USA mit Luftangriffen auf iranische Atomanlagen in den Krieg ein. Drei Tage später trat eine Waffenruhe in Kraft.