Laut dem Bürgermeister von Saporischschja ist die Gefahr eines Unfalls in dem dortigen AKW gross.
AKW
Saporischschja ist das grösste Akw Europas und derzeit unter russischer Besatzung. - AFP

Der Bürgermeister der von russischen Soldaten besetzten ukrainischen Kraftwerksstadt Enerhodar warnt vor einem wachsenden Risiko atomarer Unfälle im frontnahen Atomkraftwerk Saporischschja. «Die Befürchtung wird mit jedem Tag grösser, weil es gleich mehrere gefährliche Faktoren gibt», sagte Dmytro Orlow der Deutschen Presse-Agentur.

Er übt seine Funktion als Leiter einer zivil-militärischen Verwaltung von der namensgebenden Grossstadt Saporischja im Süden der Ukraine aus und hat Enerhodar – die Werkssiedlung der Anlage – nach der Besetzung durch russische Soldaten verlassen. Gross sei die Gefahr einer technischen Katastrophe, sagte Orlow.

«Das Kraftwerk muss nun von aussen versorgt werden und allein seit September gab es sechs Zwischenfälle, bei denen die Stromversorgung unterbrochen wurde. In den 40 Jahren zuvor gab es keinen einzigen solchen Zwischenfall», warnte Orlow.

Von den vor Kriegsbeginn rund 53'000 Einwohnern leben nach Angaben des 38-Jährigen inzwischen noch etwa 10'000 Menschen in der Stadt. Von den einst 10'000 Beschäftigten der Kraftwerksanlagen sei bloss noch jeder Fünfte dort. Die russischen Besatzer hätten Mitarbeiter mit Drohungen und Misshandlungen bis hin zu Folter schikaniert. Nun fehle es an qualifizierten Experten, da Russland keinen Ersatz gestellt habe.

Die Militarisierung der Atomanlage inmitten der Kämpfe sei eine Gefahr an sich. «Russland hat die Anlage zu einem Militärlager ausgebaut, in dem 1000 Mann ständig vor Ort sind», sagte Orlow.

Der Staudamm, aus dessen Stausee das Kühlwasser für das AKW abgezapft wurde, wurde im Krieg zerstört. Nun drohe Kühlwassermangel im verbliebenen Rückhaltebecken und eine gefährliche Kombination verschiedener Risikofaktoren, warnte Orlow. Laut dem jüngsten Lagebericht der IAEA haben die russischen Besatzer die Versorgung mit Kühlwasser jedoch wieder weitgehend sichergestellt, indem unter anderem Grundwasserbrunnen gegraben wurden.

Russland hatte Anfang März 2022 die Einnahme des AKW Saporischschja verkündet. Das mit sechs Reaktoren grösste Atomkraftwerk Europas liegt im umkämpften Gebiet nahe der Front. Die Reaktoren sind schon seit September 2022 heruntergefahren. In der Nähe der Anlage gibt es immer wieder Kämpfe.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Krieg