Mit einer Äusserung über die Rettung alter Menschen in der Corona-Pandemie hat der Deutsche Grünen-Politiker Boris Palmer für grosses Entsetzen gesorgt.
Boris Palmer Coronavirus
Der Deutsche Grünen-Politiker und Oberbürgermeister von Tübingen (D) sorgte in Deutschland für einen Skandal mit Aussagen über die Rettung alter Menschen in der Corona-Pandemie. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Deutscher Grünen-Politiker hat mit einer Corona-Aussage für viel Entsetzen gesorgt.
  • «Wir retten Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären», sagte Boris Palmer.
  • Nach Kritik – unter anderem auch aus der eigenen Partei – entschuldigt er sich nun.

Boris Palmer ist der Oberbürgermeister von Tübingen (D) und gerät immer wieder mal mit fragwürdigen Aussagen in die Schlagzeilen. Für Kenner war es deshalb nur eine Frage der Zeit, bis sich der Grünen-Politiker auch zu Corona äussern sollte.

Am Dienstag sollte es dann so weit sein. Palmer forderte im Sat.1-Frühstücksfernsehen eine schnellere Lockerung der Corona-Auflagen. An sich eigentlich keinen Grund zur Empörung – schliesslich fordern auch Polit-Grössen wie etwa Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet ähnliches

Doch für Aufsehen sorgten die drastischen Worte, die Boris Palmer zur Erklärung seiner Position benutzte: «Ich sag es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären».

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Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer ist in seiner Partei höchst umstritten. - dpa/AFP Picture Alliance/Archiv

Er fügte an: Es müsse unterschiedliche Sicherheitsvorkehrungen für Junge und Ältere geben. Der Armutsschock, der aus der weltweiten Zerstörung der Wirtschaft entstehe, bringe Millionen Kinder ums Leben, so Palmer. Dabei stützt sich der Grünen-Politiker auf die Einschätzungen der Vereinten Nationen.

«Wenn Sie die Todeszahlen durch Corona anschauen, dann ist es bei vielen so, dass viele Menschen über 80 sterben. Und wir wissen, über 80 sterben die meisten irgendwann», sagte Palmer.

Kritik an Palmers Aussagen

Palmer, der in der Vergangenheit auch schon das Interesse der AfD weckte, wurde so seinem Ruf als «inszenierter Tabubrecher» gerecht. Kritik liess nicht lange auf sich warten.

Einige nannten seine Äusserungen «menschenverachtend». Palmer schüre Ängste von Millionen alter Menschen, sagte etwa Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

Gegenwind erhielt Palmer erneut auch aus der eigenen Partei. Bei den Grünen gilt der Oberbürgermeister von Tübingen seit längerer Zeit als höchst umstritten. Verschiedentlich wurde schon sein Ausschluss gefordert – solche Stimmen dürften nun wieder lauter werden.

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Katrin Göring-Eckardt, die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, sagte als Reaktion auf die Aussagen von Boris Palmer: - Keystone

Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, sagte etwa der Funke Mediengruppe: «Unsere Verfassung ist eindeutig: Menschenwürde heisst auch, dass die Gesundheit jedes Menschen geschützt wird. Egal, wie alt wir sind.»

Der baden-württembergische FDP-Vorsitzende Michael Theurer äusserte sich etwas direkter: «Ich rate Boris Palmer dringend, sich zu entschuldigen und diese Äusserung zurückzunehmen. Er ist nicht nur wie sonst manchmal über das Ziel hinausgeschossen, sondern erheblich entgleist.»

Boris Palmer entschuldigt sich für Wortwahl

Angesichts der heftigen Empörung hat sich Boris Palmer am Mittwochabend schliesslich für seine Wortwahl entschuldigt. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte er: «Niemals würde ich älteren oder kranken Menschen das Recht zu leben absprechen».

Falls er sich «da missverständlich oder forsch ausgedrückt» habe, tue es ihm leid. Zudem erklärte er: «Ich habe darauf hingewiesen, dass die Methode unseres Schutzes so schwere Wirtschaftsschäden auslöst, dass deswegen viele Kinder sterben müssen.»

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Oberbürgermeister Boris Palmer Ende November bei einem Interview in Tübingen (D). - dpa-infocom GmbH

Das wolle er nicht hinnehmen und fordere deshalb einen besseren Schutz der Risikogruppen ohne diese Nebenwirkungen.

Gegenüber der «Frankfurter Allgemeine Zeitung» hatte Palmer am Dienstagabend noch gesagt: Er habe nur «Fakten der Vereinten Nationen und einen Zielkonflikt» beschrieben. Und weiter: «Ich weiss nicht, wie ich mich für Fakten entschuldigen könnte.»

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